Stillgehalten

■ RAF-Unterstützer setzen auf die öffentliche Meinung

Das Bild von der Sanduhr, die immer rascher ausläuft, ist tausendmal beschworen worden. Gemeint war stets die Situation in den Hungerzellen. Von „draußen“ war nicht die Rede. Doch auch bei den Unterstützergruppen des Hungerstreiks macht sich zunehmend das Gefühl breit, daß ihre atemlosen Aktivitäten so nicht ewig weitergehen können.

Helmut Pohls Erklärung vom 1.Februar ist nicht nur in der liberalen Öffentlichkeit, sondern auch im militanten RAF -Umfeld weithin als Signal verstanden worden. Als Signal, den Hungerstreik publizistisch so gut es geht zu unterstützen, aber keinesfalls den Eindruck der ideologischen Öffnung der Gefangenen durch militante Aktionen kaputt zu machen. Im gegenwärtigen Hungerstreik setzen die Gefangenen wie nie zuvor auf den Druck der öffentlichen und veröffentlichten Meinung und nicht - wie früher - auf den flankierender und eskalierender Anschläge.

An diese unausgesprochene Stillhalteaufforderung hat sich die Szene bis heute mit erstaunlicher Disziplin gehalten. Der „Widerstand“ gebärdet sich zwar martialisch, praktisch ist er mit ganz wenigen Ausnahmen gewaltfrei. Das erste Ziel, die Mobilisierung einer viel größeren Öffentlichkeit für die Forderungen der Hungerstreikenden als früher, wurde so erreicht, wenn auch nur ungenügend und mit viel zu langer Anlaufzeit.

Die Zusammenlegung jedoch ist auch nach fast zehn Wochen nicht unter Dach und Fach. Die „Haarrisse im Machtblock der Bourgeoisie“, wie es ein Kundgebungsredner am Samstag in Berlin ausdrückte, haben bisher nicht zu Brüchen geführt. Sollte nach der Justizministerkonferenz am heutigen Montag immer noch kein verhandelbarer Vorschlag auf dem Tisch liegen, könnte statt dessen das unausgesprochene Stillhalte -Abkommen zerbrechen. Wer unter den politisch Verantwortlichen das will, muß weiter hart bleiben.

Gerd Rosenkranz