: Sterbehilfe in den Niederlanden
■ Jährlich mehrere tausend „Euthanasie-Fälle“ / Neues Gesetz soll Ende April verabschiedet werden
Rotterdam (taz) - Die Rotterdamer Daniel-den-Hoed-Klinik für Krebskranke hat als erstes Krankenhaus der Niederlande ihre „Euthanasierichtlinien“ bekanntgegeben. Zwar ist „Euthanasie“, wie Sterbehilfe in Holland bezeichnet wird, strafbar, doch gibt es pro Jahr nach Angaben der niederländischen Vereinigung für freiwillige Euthanasie „mehrere tausend“ Euthanasiefälle. Gerichtsverfahren enden in der Regel mit Freispruch für die Ärzte, wenn die „Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht“ nachgewiesen werden kann.
In der Richtlinie der Den-Hoed-Klinik wird die freie und verantwortungsvolle Entscheidung von Patient und Arzt betont. Beratungsgespräche mit Ärzten, Psychiatern und Verwandten des Patienten sind vorgesehen. Die letztendliche Entscheidung über Sterbehilfe trifft allein der Arzt. Nach „Herstellung der nötigen Ruhe und Intimität“ wird dann gegebenenfalls Sterbehilfe geleistet.
Ausdrücklich haben Verwandte kein Mitspracherecht, und auch die Klinikleitung hat keine Möglichkeit der Einflußnahme auf eine Entscheidung. Erst nach Ausführung der Sterbehilfe ist ihr und der Justiz der Fall zu melden. Der Chefarzt der Den -Hoed-Klinik, van den Blink, erklärte gegenüber der taz, er verspreche sich mehr Transparenz und Rechtssicherheit von den neuen Richtlinien: „Überall, wo Menschen sterben, taucht die Frage der Euthanasie irgendwann auf. Es ist dann wichtig, gute Antworten geben zu können.“ Diese Antwort sei allerdings nur sehr selten Sterbehilfe, denn neun von zehn Fällen entstünden durch vorübergehende Unlust am Leben.
Am 26. April soll in der Zweiten Kammer, die dem Bundestag entspricht, über den Entwurf eines speziellen Euthanasiegesetzes entschieden werden. Danach soll Euthanasie nach wie vor verboten, jedoch der Ermessensspielraum des Arztes ausgeweitet werden. Während die Euthanasiekritiker darin eine de-facto-Legalisierung von Sterbehilfe sehen, hofft Pitt Bakker, die Vorsitzende der niederländischen Vereinigung für freiwillige Euthanasie, auf eine volle Legalisierung: „Es besteht Bedarf an eindeutigen Regelungen, besonders in Krankenhäusern und Altenheimen.“
Moritz Döbler
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen