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Labrador: Freispruch für Tieffluggegner

■ Besetzung eines Nato-Übungsgeländes in Kanada nicht rechtswidrig / Richter: Das Land gehört den Innu-Indianern

Berlin (afp/dpa/taz) - Mit einer mittleren Sensation endete Dienstag nacht der Prozeß gegen Vertreter der indianischen Ureinwohner Kanadas: Die Innu, wie sich die Indianer Labradors in ihrer Sprache nennen, hatten im Herbst vergangenen Jahres ein Rollfeld nahe des Nato-Stützpunkts „Goosebay“ besetzt, um damit gegen eine zunehmende Verlagerung von militärischen Tiefstflügen in ihr angestammtes Land zu protestieren. Das Gericht sprach vier Innu, die für insgesamt 38 Angeklagte vor dem Kadi standen, vom Vorwurf frei, sie hätten unbefugt militärisches Gelände betreten. Bemerkenswert an diesem Urteil ist vor allem seine Begründung: Der Richter James Igloliorte, selbst Angehöriger einer anderen Gruppe von Ureinwohnern, der sogenannten Inuit (Eskimos), schloß sich im wesentlichen der Rechtsauffassung der Tieffluggegner an, daß das von ihnen besetzte Militärgelände in Wirklichkeit ihnen gehöre. Die Vorfahren der Innu hätten ihren Kindern und Enkeln das Land anvertraut, damit sie es in all seiner Schönheit und seinem Reichtum an ihre Nachkommen weitergeben könnten. Daher hätten die Angeklagten bei der Besetzung in der Überzeugung gehandelt, das Tiefstfluggebiet gehöre ihnen und nicht dem Militär. Die Regierung Kanadas habe das Land zwar den vier Nato-Partnern BRD, Niederlande, Großbritannien und USA überlassen. Die Innu, die über Jahrhunderte dort lebten, hätten das Land jedoch weder an die kanadische Regierung noch an die Militärs veräußert. Die 150 Innu im Gerichtssaal applaudierten nach dem Urteil.

„Dies ist ein großer Tag für das Volk der Innu“, kommentierte einer der Angeklagten, der Häuptling der Innu -Siedlung Sheshatshit, Daniel Ashini, die Entscheidung. Sprecher der kanadischen Regierung wollten sich gestern nicht äußern. Ein Aus für die Nato-Tiefstflüge wird das Urteil allerdings nicht bedeuten. Das Gericht hat der kanadischen Regierung jedoch nahegelegt, nun in Verhandlungen mit den Innu über die Nutzung des Landes einzutreten.

Ve.

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