: Eilig geschmiedete Karriere-Pläne
■ Vera Rüdiger: Eine Kandidatur für die „politische Kultur“
„Ich wäre auch unangenehm berührt, aber ich hatte keine Chance das bisher zu vermitteln.“ Bremens Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger versteht schon, daß ihre Senatskollegen teilweise wie vom Donner gerührt waren, als sie von Journalisten erfuhren, daß Rüdiger in Hessen für eine Kandidatur zur Ministerpräsidentin zur Verfügung steht. Hatte der Senat doch noch am Dienstag den halben Tag zusammengeseßen, ohne daß Rüdiger ein Wort über ihre Pläne verlautet hatte. Der Grund: Rüdiger wußte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, daß ihr Wiesbadener Parteifreunmd Achim Exner am abend in der dortigen Unterbezirksersammlung den Personalvorschlag Rüdiger einbringen würde. Rüdiger gestern zur taz: „Er hat mich am späten Nachmittag angerufen und gesagt: 'Ich kann nicht in die Sitzung gehen, ohne zu sagen, welche Vorstellungen ich habe.‘ Da habe ich gesagt: 'Ich erlaube Dir, meinen Namen ins Gespräch zu bringen.'“ Exner tat dies mit Erfolg: Der Unterbezirk Wiesbaden nominierte Rüdiger mit nur drei Enthaltungen.
Daß Exner entsprechende Pläne hatte, wußte Vera Rüdiger allerdings schon seit einigen Wochen. Da hatte der Wiesbadener Bürgermeister die Ex-Hessin in seine Pläne eingeweiht. Im Gegensatz zum bisherigen hessischen SPD -Vorsitzenden Krollmann, der Landesvorsitz und Spitzenkandidatur gerne in einer Hand vereinigt sehen möchte, setzt Exner auf Trennung der Ämter. Zum Landesvorsitzen möchte er selbst gewählt werden, und für die Spitzenkandidatur suchte er eine Frau. Ursprünglich hatten Exner und Rüdiger vereinbart, daß erst die Wahl zum Landesvorsitzenden abgewartet werden sollte. Doch den Plänen machte der Landesvorstand einen Strich durch die Rechnung, als er am vergangenen Sonntag gleich für beide Posten den Kasseler Bürgermeister Hans Eichel vorschlug.
Rüdiger begründet ihre Bereitschaft zur Kandidatur vor allem damit, zur politischen Kultur in der eigenen Partei beitragen zu wollen. „Ich stelle mich denen zur Verfügung, die eine offene Entscheidung wollen. Das ist politische Kultur. Und es ist auch politische Kultur, wenn man eine Entscheidung über eine weibliche Person hat, die 14 Jahre in Hessen Politik gemacht hat.“ Ihr Senatorinnenamt in Bremen will sie, sollte der Landesparteitag sie wählen, erst aufgeben, wenn die heiße Phase des Hessenwahlkampfes begonnen hat - 1991.
hbk
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