: Bombenhilfe für Pakistan
Atomexport nach Pakistan: Jetzt wird auch wegen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann
Die illegalen Nuklear-Exporte nach Pakistan haben „eine Schlüsselrolle beim Aufbau des nuklear-militärischen Komplexes in Pakistan gespielt“. Diese Feststellung traf gestern der SPD-Obmann im Bonner Atom-Untersuchungsausschuß, nachdem die Hanauer Staatsanwälte die Abgeordneten zuvor hinter verschlossenen Türen über ihre Ermittlungen informiert hatten (siehe taz von gestern). Nach einem von der Staatsanwaltschaft angeforderten Gutachten steht jetzt fest, daß das Kernstück der Exporte, eine Tritium-Sammel und -Reinungsanlage, nur militärisch verwendbar ist. Die Anlage reinigt das Tritium von Zerfallsprodukten, damit es als Sprengkraftverstärker für Atombomben taugt. Die Hauptbeschuldigten in diesem Verfahren - zwei Mitarbeiter der hessischen Firmen NTG und PTB sowie der Max-Planck -Mitarbeiter Weichselgartner - wollten ihre Geschäfte nach jüngsten Erkenntnissen über Pakistan, Indien und Südafrika hinaus ausdehnen: Potentielle Kunden im Iran und in Saudi -Arabien seien schon gefunden worden, berichtete der Ausschußvorsitzende Bachmeier. Weichselgartner, gerade erst entlassener Leiter des Tritium-Labors im Garchinger Max -Planck-Institut, sei der „wissenschaftliche Kopf“ des Unternehmens gewesen, der seinen Ruf und den des Instituts genutzt habe, um Material und Anlagenteile zu beschaffen.
Der Chef des Max-Planck-Instituts, Professor Pinkau, versucht derweil immer hektischer, den Namen seines Instituts aus der Affäre zu ziehen: In einem Brief an den SPD-Abgeordneten Schäfer hat sich Pinkau jetzt „aufs schärfste“ von seinem Ex-Mitarbeiter distanziert.
Die falsch deklarierten Exporte nach Pakistan haben einen noch größeren Umfang als bisher angenommen: Für 20 Millionen Mark wurden über 100 Tonnen Material verschubt, ohne daß der Zoll eine einzige Stichprobe machte. Ermittelt wird jetzt auch wegen eines Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Als bisheriges Ergebnis der Arbeit des Untersuchungsausschusses resümiert Otto Schily: „Die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags ist in der Bundesrepublik in keiner Weise gewährleistet.“
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