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Hessisches KandidatInnenkarussell

■ Bremens Gesundheitssenatorin Rüdiger möchte hessische Ministerpräsidentin werden

Frankfurt (taz) - „Klingelingeling, jetzt kommt der Eiermann“, spöttelte Bernd Messinger von den Grünen. Der Landesvorstand der hessischen SPD hatte - nur Tage nach den Kommunalwahlen vom 12.März - den spröden Nordhessen Hans Eichel zum Kandidaten für den Parteivorsitz und zum Anwärter für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten für die prognostizierte rot-grüne Legislaturperiode nach Wallmann gekürt.Doch am Mittwoch hat sich ohne Vorwarnung der „Apachenfresser“ und Wiesbadener Oberbürgermeister Achim Exner zu Wort gemeldet: Sunnyboy Exner („Einer von uns„/SPD -Wiesbaden) schlug die Bremer Gesundheitssenatorin und Ex -Wissenschaftsministerin von Hessen, Dr.Vera Rüdiger, als sozialdemokratische Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidenten vor - ein Novum in der Geschichte Hessens und der Bundesrepublik. Und für sich selbst hat umtriebige Genosse Exner auch gesorgt: Der Mann, der die SPD bei den Kommunalwahlen in Wiesbaden wieder zur absoluten Mehrheit führte, will Parteivorsitzender werden.

Das „Traumduo Rüdiger/Exner“ (Exner) soll bei der hessischen SPD für innerparteiliche Demokratie sorgen. Sowohl Exner als auch Rüdiger setzen im Vorfeld des Nominierungsparteitages im Juli auf die Kritiker des Parteivorstandes, der mit der Schilderhebung Eichels nicht zum ersten Male eine einsame Entscheidung getroffen habe. Die von Vera Rüdiger und Achim Exner geforderte Funktionstrennung von Parteivorsitz und MinisterpräsidentInnenanwärterIn stellt nach Auffassung von Vera Rüdiger ein Stück politische Kultur dar: „Die erstarrten Strukturen müssen aufgebrochen werden.“

Und natürlich sei es eine „reizvolle Aufgabe“, die erste Ministerpräsidentin eines Bundeslandes zu werden, meinte Frau Rüdiger auf Nachfrage der taz. Ihr blute das Herz immer dann, wenn sie im fernen Bremen daran denke, wie Walter Wallmann das einst so liberale Hessenland in nur zwei Jahren Regierungsverantwortung konservativ gewendet habe.

Eine andere Frau, die sich in der hessischen Politik gleichfalls einen Namen gemacht hat, setzt allerdings weiter auf den Kandidaten Eichel. Für Irene Soltwedel (die Grünen) steht fest, daß Vera Rüdiger im Juli auf dem Sonderpartitag an der „Betonstruktur“ der hessischen Sozialdemokraten abprallen wird: „Die Sozialdemokraten zwischen Odenwald und Hohem Meißner sind noch nicht bereit, eine Frau auf dem Ministerpräsidentensessel zu akzeptieren.“ Und genau aus diesem Grund habe auch eine andere Frau aus den Reihen der hessischen SPD auf die Kandidatur verzichtet: die „rote“ Heidemarie Wieczorek-Zeul.

Klaus-Peter Klingelschmitt

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