: Stadtplanungsdaten wurden entwendet
■ In der Senatsbauverwaltung wurde ein wichtiger Computer gestohlen / Pikantes Detail: Die Täter besaßen einen Schlüssel / Kripo ermittelt wegen des Diebstahls und einer weiteren Angelegenheit / Möglicher Hintergrund: „Intrigenspiele“ in der Behörde
Für Hanno Klein, den Gruppenleiter in der Wettbewerbsabteilung der Senatsbauverwaltung, ist es ein trauriger Verlust. Am Wochenende wurde ein Computer aus den Räumen seiner Abteilung in der Joachimsthaler Straße gestohlen. In dem Elektronengehirn hatte Klein sämtliche Planungsschritte für seine beiden Lieblingsprojekte gespeichert: die Bebauung des Victoria-Areals hinter dem Kranzler und die „Überdeckelung“ des Güterbahnhofs Halensee mit Wohngebäuden. Auf 26.000 Mark beziffert die Verwaltung den materiellen Schaden des Computerdiebstahls. Ungleich höher, so Sprecher Weninger, sei der „ideelle Schaden“. Denn die Planungsunterlagen wurden zwar auch „in Papierform“ aufbewahrt, beruhigt sich Klein, ein „gewisses Handicap“ für die weitere Arbeit sei der Rechnerraub dennoch.
Seit Montag schleichen nun Beamte der Kriminalpolizei durch die Flure des Dienstgebäudes der Bauverwaltung in der Württembergischen Straße - auf Tätersuche. Denn die Computerdiebe hatten es nicht etwa nötig, die Tür zu Kleins Büroräumen gewaltsam aufzubrechen: Sie hatten einen Schlüssel. Klein findet das „sehr deprimierend“. Ebenfalls seit Montag ermitteln Polizeibeamte allerdings auch gegen ihn. Ein anonymes Schreiben aus der Baubehörde hatte ihn bezichtigt, rechtswidrige Verträge mit Mitarbeitern abzuschließen. Der Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe ist umstritten; die Bauverwaltung prüft den Fall schon seit Wochen, und im Personalrat spricht man von einem „Intrigenspiel“.
Angefangen hatte die Affäre vor einigen Wochen mit anonymen Schreiben, die erst in der Verwaltung kursierten, dann aber auch an die Presse gingen. Klein, so der Vorwurf, schließe nur unverbindliche Werkverträge mit Mitarbeitern ab, die dann jedoch in normalen Arbeitsverhältnissen beschäftigt würden. Einen „Rechtsbruch“ vermutete auch die ÖTV -Betriebsgruppe.
„Da ist nichts dran“, sagt Stadtplaner Klein. Auch der Personalrat der Behörde, traditionell in DAG-Hand, will sich den ÖTV-Vorwürfen nicht anschließen. „Offensichtlich“ seien Kleins Mitarbeiter nämlich „völlig zufrieden“. Keiner von ihnen habe sich beim Personalrat gemeldet. Die Schreiber der anonymen Briefe, so die Folgerung der Personalvertreter, säßen wohl an anderen Stellen der Behörde. „Offensichtlich“ handele es sich deshalb um „Intrigen“, in die der Personalrat „nicht reingezogen“ werden will.
Ob auch der Computerdiebstahl damit zu tun hat, ist freilich noch offen. Zumindest die Baupolitik des neuen SPD -Senators Nagel wird durch die intriganten Spiele zwischen SPD-Mitglied Klein und seinen ÖTV-nahen Widersachern kaum behelligt. Im Gegensatz zum ehemaligen CDU-Bausenator Wittwer steht Nagel nämlich beiden Vorhaben des Wettbewerbsleiters Klein eher skeptisch gegenüber. Für Wittwer, meint auch Klein, wäre der Rechnerklau ein „herber Verlust“ gewesen, für Nagel weniger. Das Halenseeprojekt, so der Senator erst kürzlich zur taz, sei zur Zeit „noch nicht entscheidungsreif“. Jetzt erst recht.
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