piwik no script img

R

■ Schwere Vorwürfe gegen DRK-Krankenhaus: „Geringe Überlebenschance für sozial Schwache“ / Ärztekammer und Krankenhausleitung weisen Behauptungen zurück

„Am Berliner DRK-Krankenhaus Mark Brandenburg haben Menschen in schwierigen sozialen Verhältnissen geringe Überlebenschancen.“ Diesen schweren Vorwurf erhob gestern die „Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie“ (DGSP) in Köln. Die DGSP bezog sich dabei auf einen Filmbeitrag, der im Januar in der RTL-plus-Sendung Explosiv-intern gesendet wurde. In dem Bericht wurde behauptet, daß Krankenakten von Patienten in schwierigen sozialen Verhältnissen - Wohnungslosigkeit oder Alkoholismus - mit einem durchgestrichenen R gekennzeichnet würden. Dieses R stünde für „nicht reanimieren“. Bei solchen Patienten solle angeblich kein Wiederbelebungsversuch unternommen werden. In dem RTL-Beitrag wurde außerdem ein Mann gefilmt, der sich als Arzt des Krankenhauses ausgab. Anonym und mit verzerrter Stimme behauptete er, daß in einigen solcher Fälle gar nicht versucht werde, eine exakte Diagnose zu stellen oder das therapeutisch Mögliche zu versuchen.

Die Berliner Ärztekammer, die Leitung und der Betriebsrat des Krankenhauses wiesen die Vorwürfe im wesentlichen zurück. Der Personalchef der DRK-Krankenhäuser, Adler, erklärte, daß die Vorwürfe nach der Fernsehsendung überprüft worden seien. Es habe mehrere Mitarbeiterversammlungen zu dem Thema gegeben. Ergebnis: „Die Behauptungen sind falsch.“

Auf ein „Mißverständnis“ führt der Betriebsratsvorsitzende der DRK-Krankenhäuser, Thomas Gardein, den Filmbeitrag zurück. Es sei richtig, daß „schwer erkrankte Patienten, die nur über Maschinen am Leben erhalten werden“ nicht reanimiert würden, wenn jede Hoffnung verloren sei. Solche Patienten seien in ihrer Akte tatsächlich mit einem durchgestrichenen R gekennzeichnet worden. Diese Praxis sei nun aber eingestellt worden, - offenbar auch nach Intervention der Ärztekammer. Deren Präsident Huber wies zwar den inhaltlichen Vorwurf an das Krankenhaus, dort bestehe eine Selektion sozial Schwacher, zurück. Das hätten Untersuchungen der Ärztekammer nach dem Beitrag ergeben. Das durchgestrichene R sei aber eine „Unsitte“. Huber: „Solche formalisierten Handlungsanweisungen sind nicht geeignet, den Willen eines Patienten zu dokumentieren.“ Trotzdem seien „vergleichbare Dokumentationen“ auch an anderen Krankenhäusern üblich.

Auf den „anonymen Arzt“ angesprochen, der im Filmbeitrag schwere Vorwürfe erhoben hatte, meinte der Betriebsratsvorsitzende der DRK-Krankenhäuser, daß es „den möglicherweise bei uns gar nicht gebe“. Der Betriebsrat habe auf Betriebsversammlungen mehrmals das Angebot zu einem „vertrauensvollen Gespräch“ in der Sache gemacht. Daraufhin habe sich aber niemand gemeldet.

ccm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen