: Paraguay: Bauern besetzen Ministerium
■ Nach 35 Jahren Stroessner-Regime wurde gestern ein neuer Präsident gewählt / Repression auf dem Land hält an /
Asuncion (taz) - Paraguay hat am gestrigen „Tag der Arbeit“ seinen künftigen Präsidenten gewählt. Noch sind keine Resultate bekannt, aber am Sieg von General Andres Rodriguez, der Anfang Februar seinen langjährigen Freund, den Diktator Alfredo Stroessner, von der Macht putschte, zweifelt kaum jemand. Letzte Umfragen gaben ihm etwa 70 Prozent der Stimmen. Zwar gab es bei der Registrierung der Wähler zahlreiche Ungereimtheiten, aber einen Wahlbetrug im traditionellen, das heißt großen Stil, schließen Wahlbeobachter aus.
Einen Erfolg können möglicherweise auch die 300 landlosen Bauernfamilien verbuchen, die am Donnerstag das Landwirtschaftsministerium, das in Paraguay offiziell „Institut für ländliches Wohlergehen“ heißt, besetzt haben. Vor laufenden Kameras erklärte Rodriguez am Freitag, er habe gerade ein Dekret unterzeichnet, das den Besetzern Kredite zum Ankauf von 2.000 Hektar Ackerland zugestehe. Die Bauern hatten die Überlassung von Ackerboden des 7.500 Hektar großen Landguts von Mario Abdo Benitez, dem früheren Privatsekretär Stoessners, gefordert.
Während sich in der Hauptstadt eine politische Öffnung abzeichnet, hat sich auf dem Land kaum etwas geändert. „Dort geht man mit der alten Härte des Stroessner-Regimes gegen die Bauern vor“, versichert Noiyme Yore, Rechtsanwältin des Kirchenkomitees, im Gespräch mit der taz. Seit der Machtübernahme durch General Rodriguez seien 25 organisierte Landbesetzungen von Militärs gewaltsam niedergeschlagen worden. Die Anwältin vertritt auch die ehemaligen Pächter des bundesdeutschen Spekulanten Peter Nagel, der im Osten Paraguays Land besitzt. Die Pächter müssen dem Deutschen 40 % ihrer Ernte abgeben. Seit sie sich weigern, sitzen vier von ihnen ohne richterliche Anordnung im Gefängnis.
Gaby Weber
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen