piwik no script img

Die SPD-Länder sollen jetzt handeln

„Komitee für Grundrechte und Demokratie“ zum Hungerstreik Gabriele Rollnik und Rolf Heissler hungern seit 64 Tagen  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Den Schlüssel dafür, daß es im Verlauf des RAF-Hungerstreiks „nicht zu einer Eskalation kommt“, sieht das „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ bei der SPD. In einem Offenen Brief erinnert der Vorstand des Komitees die Sozialdemokraten daran, daß Gabriele Rollnik in Berlin und Rolf Heissler in Straubing gestern bereits seit 63 Tagen die Nahrungsaufnahme verweigerten. Ihr Gesundheitszustand sei mithin „hochgradig besorgniserregend“. Angesichts der erneut zugespitzten Situation komme es darauf an, „hier und heute nicht nur Konsequenzen anzudeuten, sondern handelnd zu ziehen“, heißt es in dem von Andreas Buro, Wolf-Dieter Narr und Klaus Vack unterzeichneten fünfseitigen Schreiben. Die SPD-geführten Länder müßten „sogleich die Vorbereitungen für die Zusammenlegung der Gefangenen aus ihren Ländern aufnehmen“. Es sei auch nicht einzusehen, daß weiter strikt an der Zahl von vier bis sechs Personen festgehalten werde. Die Zusammenlegung müsse mit einer „gründlichen Revision der Haftbedingungen“ einhergehen. Außerdem fordert das Komitee von der SPD, die unionsregierten Länder offensiv und öffentlich zu einer Änderung ihrer harten Haltung aufzufordern und ihnen notfalls anzubieten, die dort einsitzenden Gefangenen in den SPD-Ländern aufzunehmen. Mittel- und längerfristig müßten die Voraussetzungen für eine allgemeine Liberalisierung geschaffen werden, die das Komitee durch die Verabschiedung der sogenannten „Sicherheitsgesetze“ weiter blockiert sieht. Hauptsächlich gehe es um die Revision des Paragraphen 129a und die Rücknahme der Einschränkungen des Demonstrationsrechts. Damit „die siebziger Jahre endlich bewältigt werden“ schlägt das Komitee eine Amnestie vor. Die dürfe „nicht nur den Gnadenakten einzelner politischer Vertreter überlassen“ bleiben, erklären die Unterzeichner unter Hinweis auf Bundespräsident von Weizsäcker und den ehemaligen rheinland -pfälzischen Ministerpräsidenten Vogel (CDU). Daß ein Großteil der Bevölkerung ein „Eingehen auf die akzeptablen Forderungen der Gefangenen nicht versteht“, lastet das Komitee zum Teil auch der SPD an. Man habe in der Vergangenheit zu wenig Aufklärung geleistet und die RAF statt dessen „publikumswirksam als den mörderischen Feind schlechthin dargestellt“. Die RAF und ihren Nachfolgern sei jedoch eine „terroristische Energie“ nicht angeboren, sondern vielmehr „Ausdruck spezifischer Verhältnisse dieser Republik“. Den Hungerstreik halten Buro, Narr und Vack auch dann für eine „gewaltfreie Aktion“ und das „einzige Mittel“ der Gefangenen, wenn sie wegen terroristischer Taten verurteilt oder angeklagt seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen