: Lachen Sie ruhig!
■ Zum zweiten Anlauf des „theatre du pain“ mit dem Stück „Los Gringos Caramell“: Viel Unsinn, natürlich unsinnig dargestellt, und immer fast wie im richtigen Leben
Eine Carrera-Autobahn im Eingang des Theaterraums im Lagerhaus, Caramell-Bonbons mit Stecknadeln an den Jacken der ZuschauerInnen und ein sich ständig wiederholender Videoclip über Kalmücken. Im Text zum Stück folgender Hinweis: „Wenn sie wollen, lachen sie ruhig, im guten Glauben, es sei ein Scherz, aber wir meinen es ernst.“
Auf der Bühne: Vier Umkleidezelte, mehrere Kisten und Koffer, ein Vogelbauer. Stille, Dunkelheit, plötzliches Treiben. Jeder der vier Akteure kramt in irgendetwas herum, scheint wichtigen Dingen nachzugehen und hat vermeintlich Wichtiges mitzuteilen. Plastikeimer, Feudel und Kekse bekommen eine ungeheure Bedeutung. So berichtet Göthe von einem Mißgeschick: „Gestern habe ich versucht, einen Eimer zu beschreiben. Es ist mir nicht gelungen.“ Göthe, Literat, Spinner und Kind, hat noch einen Bruder, der sich eher wissenschaftlich mit seiner Umwelt auseinandersetzt. Auf der Suche nach Wahrheit gehen ihm mehrere Lichter auf, die jedoch von Vat, dem mutmaßlichen Erzeuger von Göthe und Felix, immer wieder zerstört werden.
Es gefällt mir, wenn Form und Inhalt einander entsprechen wie hier, wenn „Unsinn“ eben auch „unsinnig“ dargestellt wird. Da gibt es das Stadt-Land-Fluß-Spiel: Immer wenn Göthe seinen Bleistift im Tischanspitzer herumdreht, schmeißen sich die anderen auf den Boden. „a'b'c'd,...
. Stop. R. Rostock, Rumänien, Rhein.“ Felix freut sich. Er gewinnt fast immer.
Oder die Stullenpause: Immer wenn der Wecker klingelt, unterbrechen die vier ihre wichtigen Beschäftigungen, wickeln belegte Leberwurstbrote aus dem Pergamentpapier und essen. Oder: Pseudowissenschaftliche Monologe, Ausflüge in Philosophisches, ein Quietscherentchen oder zeitgenössische Sätze wie
„Das ist doch alles psychoso matisch“ oder die interessante Frage „Warum können wir uns nicht beruhigen“, müßten dem einen oder der anderen doch bekannt vorkommen.
Wer sich selbst eine Meinung über „Sinn“ und „Unsinn“ dieses Stücks bilden will, kann dies bis zum 28.5. im Lagerhaus in der Schildstraße jeden Abend um 21 Uhr (außer montags und dienstags) tun. M.D
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