: Teilerfolg gegen Berufsverbot
■ Berufsverbot gegen den Oldenburger Studiendirektor Matthias Schachtschneider vom Lüneburger Disziplinarhof aus Formgründen zurückgewiesen / Neue Verhandlung in Stade
Der 54 Jahre alte Studiendirektor Mattias Schachtschneider aus Oldenburg, der seit Herbst 1986 wegen seiner aktiven DKP -Mitgliedschaft und Kandidatur für die DKP vom Schuldienst suspendiert ist, hat am Dienstag vor dem Niedersächsischen Disziplinarhof in Lüneburg einen Teilerfolg errungen. Der 2. Disziplinarsenat wies das Verfahren an die erste Instanz zurück, ohne Sachfragen zu erörtern. Allerdings wird sich jetzt nicht das Verwaltungsgericht in Oldenburg, sondern das in Stade mit dem Fall Schachtschneider befassen müssen. Das Oldenburger Urteil wurde aufgehoben, die Verfahrenskosten trägt das Land Niedersachsen.
Damit folgte das Gericht einem Antrag der Verteidigung, die zu Beginn des Prozesses darauf hingewiesen hatte, daß die erste Instanz mit einem Schöffen besetzt war, der als Regierungsschuldirektor auch in Personalangelegenheiten Schachtschneiders Mitspracherechte hatte. Der Re
gierungsschuldirektor auf der Richterbank hätte an diesem Verfahren nicht mitwirken dürfen, beschied das Gericht. Seine Teilnahme sei als schwerer Verfahrensfehler zu werten. „Dieser Mangel kann auch in der zweiten Instanz nicht mehr behoben werden. Außerdem soll hier nicht der Anschein erweckt werden, als werde eine solche unrichtige Besetzung des Gerichts geduldet“, erklärte Richter Stege unter dem Beifall von mehreren Dutzend Zuhörern und ausländischen Prozeßbeobachtern.
Schachtschneider gehörte in den 70er Jahren der SPD -Fraktion im Oldenburger Stadtrat an und war zeitweilig sogar deren Vorsitzender. Aus der Partei trat er aus, als die SPD-Fraktion einen Beschluß faßte, grundsätzlich jeden Antrag des damaligen DKP-Abgeordneten Müller abzulehnen. Mit ihm bildete Schachtschneider dann eine parlamentarische Gruppe und wurde bei der darauffolgenden Wahl auf der
DKP-Liste mit einem besonders guten Erststimmen-Ergebnis wiedergewählt.
Ein endgültiges Urteil vor dem Niedersächsischen Disziplinarhof im Fall Schachtschneider hätte Signalwirkung für sieben weitere beamtete Lehrer in Niedersachsen gehabt, die 1987/88 wegen ihrer DKP-Wahlkandidaturen zur „Entfernung aus dem Schuldienst“ verurteilt worden waren. Sie alle haben Berufung in Lüneburg eingelegt.
Matthias Schachtschneider, Vater von vier Kindern, erhält seit 1986 nur noch 60 Prozent seiner Bezüge. Verliert er eines Tages in Lüneburg in letzter Instanz, hat er auch keinen Pensionsanspruch, obwohl er 33 Dienstjahre lang als Lehrer tätig war. Seiner Frau, der 52jährigen Oberstudienrätin Irmelin Schachtschneider, ergeht es wegen ihrer DKP-Kandidatur ähnlich. Sie ist ebenfalls seit 1986 vom Dienst suspendiert. (Aktz.: NDH A (2) 2/88)
dpa
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