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Schwarze Fahnen wehen an der Ruhr

■ Der Kohlenpott protestiert dagegen, daß Bonn nicht gegen die Subventionsstreichungen der EG-Kommission protestiert / Frauen blockierten das Bonner Wirtschaftsministerium

Düsseldorf/Berlin (taz) - Mit zahlreichen Protestaktionen haben Bergleute am Niederrhein und im Ruhrgebiet darauf reagiert, daß die Bundesregierung keine Anfechtungsklage gegen die Brüsseler Kohleentscheidung vom 30. März dieses Jahres erheben wird. Die Kommission der EG hatte befunden, daß Bonn bis zum 30. September ein Konzept für die weitere Bezuschussung der bundesdeutschen Steinkohle vorlegen muß. Nach dem Willen der Kommission sollen die Subventionen, die Bonn den Elektrizitätswerken für den Verbrauch von teurer deutscher Kohle zukommen läßt, bis 1993 völlig wegfallen. Bis gestern hätte Bundeswirtschaftsminister Haussmann dagegen offiziell Einspruch erheben können. Er ließ die Frist verstreichen und setzt statt dessen auf Gespräche mit der Kommission.

Etwa 50 Frauen aus Hückelhoven von der Fraueninitiative des Steinkohlebergwerks „Sophia Jacoba“ bildeten gestern früh vor dem Wirtschaftsministerium in Bonn eine Kette und verlangten ein Gespräch mit Wirtschaftsminister Haussmann. Im Hückelhovener Berg werk sind 4.500 Arbeitsplät ze und 500 Lehrstellen in Ge fahr.

Bereits am frühen Morgen hatte die IGBergbau im Saarland und an der Ruhr Flugblätter vor den Zechen verteilt, in denen sie davor warnte, „die deutsche Kohle auf dem Altar des europäischen Binnenmarktes“ zu opfern. Vielerorts fuhr die Frühschicht später ein als sonst. In Lünen, Bottrop und Gelsenkirchen blockierten Bergleute vorübergehend Straßen.

Ganze Zechenbelegschaften marschierten im Marl, Recklinghausen, Haltern und einem Dutzend anderer Städte mit schwarzen Flaggen zu den Rathäusern und übergaben eine Resolution. Sie verlangten von den Kommunen, daß diese sich in Bonn für eine Klage gegen den EG-Beschluß stark machen sollten. In Herten fand am Mittag mit etwa 1.500 TeilnehmerInnen eine Kundgebung statt, auf der auch der Bürgermeister der Stadt den Bonner Klageverzicht kritisierte. Nur wenn die Bundesregierung ihrer Verantwortung nicht nachkomme, müßten die Steinkohle -Bergbauunternehmen „mit einer eigenen Klage versuchen, das Bonner Versäumnis auszubügeln“, meinte der IG-Bergbau -Vorsitzende Heinz-Werner Meyer.

bm/ulk

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