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„Die Morgenröte der Volksfreiheit“

Rundbrief des „Chefideologen“ der Rechten, Heinz Mahncke, an die „patriotisch-konservative Intelligenz“ Plädoyer für eine gemeinsame Strategie der neuen Rechten zu den bevorstehenden Europawahlen  ■ D O K U M E N T A T I O N

Heinz Mahncke, SS-Freiwilliger und stellvertretender Landesvorsitzender der „Sozialistischen Reichspartei“ in den fünfziger Jahren, ist Autor unzähliger „deutsch-nationaler“ Aufsätze in allen Publikationsorganen der alten und neuen Rechten. In seinem Strategiepapier versucht Mahncke, noch vor den Europawahlen die Wähler für eine Sammlungsbewegung aller Rechtsparteien zu gewinnen. Zugleich mobilisiert Mahncke die Anhänger vor allem der DVU und der REPs, gegen ihre Führer Frey und Schönhuber Front zu machen.

Liebe Deutsche!

Weil sich jetzt viel bewegt, befragen mich Freunde, was sie tun sollen. Einige dieser Fragen aus dem Kreis der konservativ-patriotischen Intelligenz stelle ich deshalb meinem Antwort-Rundbrief voran. (...) „Die Republikaner fühlen sich nach dem Berlin-Ergebnis ja weithin im Aufwind. Ich bezweifle die Wirklichkeitsnähe solcher Hoffnungen, solange wir ein vorparlamentarisch gespaltenes nationales Lager haben. Hinzu kommt, daß gewiß nich nur ich beim persönlichen Eindruck der Vorsitzenden beider Parteien (Schönhuber, Dr.Frey) ein ungutes Gefühl nicht loswerde. Bitte bringen Sie Ihre persönlichen Erlebnisse und auch Wertungen zu Papier, und zwar möglichst rasch aus wahlaktuellen Gründen.“ (...)

In drei Sätzen kann ich dazu nichts sagen. Deshalb ausführlicher:

a) Lagebeschreibung - weltweit

Zum ersten Mal seit dem mit äußerster Brutalität errungenen Sieg der west-östlichen Unterdrücker der Volksrechte und damit des Jalta- und Potsdam-Diktat-Systems kracht dieses Gebäude in allen Fugen. (...) Von Litauen bis Ungarn, von Armenien bis zur Ukraine erwacht das Nationalgefühl der unterdrückten Völker des Ostens. Die so gefürchtete, angeblich schreckliche, sogenannte Konterrevolution ist da. Offensichtlich unter dem Druck gesunder Volkskräfte in den USA beginnt sich der höchstverschuldete Dollarimperialismus aus der bedingungslosen Abhängigkeit vom Weltzionismus zu lösen. Die weltweite Öko- und Verschuldungskrise wird immer mehr Menschen und Völkern bewußt. (...) In der Bundesrepublik begann die Gesundung mit dem Auftrieb der DVU in Bremen, der Nationaldemokraten in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein und dem Erfolg der Republikaner in Berlin. Die Morgenröte der Volksfreiheit und der deutschen Wiedergesundung. (...)

b) Was ist mit REP, DVU und NPD?

Die 1964 gegründeten Nationaldemokraten (...) haben sich trotz schwerer Rückschläge, trotz Terror und verlogener Diffamierung durch die Antideutschen und Besatzungsangehörigen bis heute ihre Standfestigkeit bewahrt: Überwiegend im Feuer gehärtetes Eisen. In diesem Punkt sind sie allen anderen, vor allem den REPs, hoch überlegen, die über viele halbherzige Bürger verfügen, die wahrscheinlich sofort flüchten würden, wenn sie Härte zeigen oder das Erscheinen im Verfassungsschutzbericht ertragen müßten. Auch mangelnder politischer Durchblick ist vielfach festzustellen. Trotz gewisser Versteinerungen, die bei ungerecht Verfolgten nicht ausbleiben können, hat die NPD nicht nur durchgehalten, sondern auch einen erstaunlichen geistigen und personellen Verjüngungsprozeß erlebt. (...)

Ich halte nur bedingt etwas davon, Leute wie Schönhuber oder Dr.Frey ausschließlich an alten Sünden zu messen, die beide zweifellos begingen. Freilich, Ansichten und Strategien kann man ändern, den Charakter nie. Schönhubers Nachkriegsmarsch vom kommunistischen Redakteur über den Strauß-Spezi zum Republikaner-Chef ist sicher für uns kein vertrauenerweckender Lebenslauf. Das gilt nicht anders für Dr.Frey, der eine Zeitung übernahm, die einmal von den Amerikanern zum Zwecke der publizistischen Hiwi-Werbung gegründet und subventioniert wurde. (...) Dr.Frey versicherte mir allerdings Mitte 1970 einmal ehrenwörtlich, von dieser Vergangenheit existiere nichts mehr. (...) Ich weiß von vielen Freunden, denen ich vertraue, daß Dr.Frey seit den bestehenden Absprachen seine der NPD gegebenen Versprechen gehalten hat. Das sollten wir werten, nicht die Vergangenheit.

In Bezug auf die ökologischen und die geistig-kultuerllen Fragen bleiben bei Dr.Frey aus der Sicht der nationalen Intelligenz allerdings noch viele Fragen offen (...). Freilich, bei weniger anspruchsvollen Gemütern findet er Zustimmung. Das dürfte zahlenmäßig viele Wählerstimmen bringen und auf die käme es bei der Europa-Wahl vor allem an. (...).

Das wichtigste politische Ziel muß sein, noch für die Europa-Wahl sicherzustellen, daß nur eine Gruppierung zu dieser Wahl antritt. Das kann nach Lage der Dinge nur die Listenverbindung DVU/NPD sein. Den Republikanern unter den Lesern dieses Briefes wird diese Meinung nicht gefallen. (...) Selbst mit ihm könnte man zusammenarbeiten, wenn er gemeinschaftswillig wäre - trotz allem. Es geht bloß darum, daß wir den Wunschtraum des 'Spiegel‘ nach einer gegenseitigen Zerfleischung nicht erfüllen. Die linke Hetzkorrespondenz 'blick nach rechts‘ schrieb hämisch: „So treten sie (REP, DVU/NPD) miteinander in Konkurrenz, zum Glück, möchte man fast sagen, denn so nehmen sie sich wenigstes gegenseitig die Stimmen weg.“ (...)

Wir sollten alle über Gräben springen und gemeinsam anpacken (...) und gegenseitige Vorurteile abbauen - vor allem zwischen REP und NPD - und auch gewisse Meinungsverschiedenheiten zurückstellen. (...) Außerdem: Durch das Wahlergebnis der NPD in Frankfurt dürfte endgültig klar sein, daß ein durchschlagender Erfolg bei der Europa -Wahl vor allem durch gemeinsames Handeln mit Sicherheit erzielbar ist.

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