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Museumsdirektor Schwarzer Peter

■ Senator Franke stellt für die Einladung polnischer und sowjetischer Wissenschaftler zur militärhistorischen Fachtagung in Bremerhaven Geld zur Verfügung / Einladen soll Museums-Chef

Die „militärhistorische Fachtagung“, die Anfang September 1989 in Bremerhaven stattfinden soll, ist eigentlich ein Lehrgang für Stabsoffiziere der Bundeswehr. Die Entscheidung, wer an dieser Tagung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) als Teilnehmer und/oder Referent zugelassen wird, liegt auf der Hardthöhe beim Bundesministerium für Verteidigung.

In den über 30 Jahren seit Bestehen dieses Forschungsinstituts mit alljährlichen militärhistorischen Seminaren Anfang September haben bisher nur Wissenschaftler aus „befreundeten“ NATO-Ländern, vornehmlich aus Belgien, nie jedoch Wissenschaftler aus Staaten des Warschauer Paktes teilgenommen. Senator Frankes Vorstoß aus der Bürgerschaftssitzung wird zur Zeit im Verteidigungsministerium „als Anregung“ geprüft. Im Freiburger Institut ist noch „nichts Genaues“ bekannt.

Senator Franke steht nach Ansicht der dezidierten Gegner der militärhistorischen Tagung „jetzt im Wort.“ Grüne, Gewerkschaftsbund und Antifaschisten hatten die Tagung in die öffentliche Diskussion gebracht, weil sie auf der zunächst unverfänglichen Tagesordnung die Themen „Panzerfertigung im zweiten Weltkrieg“ und „Rüstungstechnik und -industrie im Deutschen Reich 1939-1945“ enthält.

Weil in dieser Woche sich jedoch der Angriff auf Polen zum 50 Male jährt, hatten die Gegner der Tagung sie als „politisch instinktlos“ und den Opfern des Kriegszugs gegenüber „makaber“ bezeichnet. Der polnische Botschafter hatte sich der Kritik an der Veranstaltung angeschlossen.

Als die Grünen einen Antrag auf Verhinderung der Tagung in die Bürgerschaft einbrachten, zog Senator Franke ein neues Konzept aus der Tasche:„Als ge

rade günstig“ bestimmte Franke den Zeitpunkt - schließlich seien auch polnische und sowjetische Wissenschaftler eingeladen. Daß dies ein strategischer beabsichtigter Schachzug sein könnte, hatte schon Manfred Schramm, MDBB der Grünen, nach der Bürgerschaftssitzung vermutet.

Gestern nun schickte der Senator einen Brief zum Direktor des Deutschen Schiffahrtsmuseums, wo die Tagung im September stattfinden soll. „Ich ersuche Sie, unverzüglich die von Ihnen für geeignet gehaltenen Historiker aus Ländern des Warschauer Paktes einzuladen. Die Kostenübernahme wird geregelt werden,“ heißt es darin.

Damit wird Professor Ellmers auf eine Überlegung festgenagelt, die er in einem Brief an den Senator kurz vor der Bürgerschaftssitzung äußerte. Ellmers hatte darin zu den Vorwürfen der Tagungsgegner Stellung genommen. Ell

mers hatte die Wissenschafts tagung grundsätzlich in seinem Museum begrüßt, weil durch die nicht zu unrecht kritisierte Darstellung von bloßer Technik den „Krieg verharmlose.“ Ellmers erhoffte sich durch die Präsenz und den Austausch internationaler Wissenschaftler eine Bereicherung seines Instituts.

Er regte an, erstmals in Bremerhaven auch Experten des Warschauer Pakts zu Wort kommen zu lassen, mit der Intention, sowohl das umstrittene Datum zu berücksichtigen als auch eine „Stagnation“ in der wissenscjaftlichen Diskussion zu überwinden. Jetzt hat Franke ihm den schwarzen Peter zugeschoben: Über die muzsealen Kontakte sei

nes Instituts sollen nun die Bundeswehroffiziere um andere Refernten bereichert werden. Ellmers sieht darin für das Land Bremen und die Hansestadt Bremerhaven eine gute Chance, der genannten Tagung ein eigenes Profil zu geben. Nicht umsonst habe der Direktor des polnischen Schiffahrtsmuseums in Danzig die Festrede zum 10jährigen Öffnungsjubiläum des DSM gehalten.

Ellmers weist über hinaus darauf hin, daß das MGFA in den letzten Jahren sich als „kritischer und aufgeschlossener Partner“ erwiesen habe, u. a. mit den Ausstellungen deutsche jüdische Soldaten und Militärwiderstand gegen Hitler. r

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