Deutsche Bank: Schulden zu Spenden

Rückzahlungen aus Madagaskar und dem Sudan gehen für Umwelt- und Sozialprojekte an WWF und Unicef  ■  Aus Frankfurt Klaus Boldt

Die Deutsche Bank will Entwicklungsländer, die ihre Auslandsschulden regelmäßig zurückzahlen und wirtschaftliche Strukturanpassungsmaßnahmen im Sinne des Internationalen Währungsfonds ergreifen, über Umwelt- oder Entwicklungsorganisationen mit Spenden belohnen. Nachdem das Kreditinstitut im April angekündigt hatte, es werde der Umweltstiftung World Wildlife Fund (WWF) 1,6 Millionen Dollar aus Tilgungszahlungen Madagaskars für Umweltprojekte in dem Inselstaat zur Verfügung stellen, soll nun auch der Sudan Spendengelder erhalten.

Die Deutsche Bank will eine Teilrückzahlung des Sudans über fünf Millionen Schweizer Franken an das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) übergeben, das diesen Betrag in der Region Kordofan für Entwicklungsprogramme im Gesundheitswesen, zur Verbesserung der ländlichen Wasserversorgung und für Wiederaufforstung verwenden wird. Nach den Worten des Vorstandssprechers Herrhausen handelt es sich um die „erste Forderung einer deutschen Bank, die in Mittel für Wohlfahrts- und Umweltprogramme umgewandelt wird“.

WWF-Deutschland erhält bis 1996 jährlich fast 200.000 Dollar, die Madagaskar als Tilgung für Kredite im Rahmen einer Bankenumschuldungsvereinbarung an die Deutsche Bank zurückzahlen muß. Mit dieser Spende sollen die „mit dem Internationalen Währungsfonds abgestimmten Strukturanpassungsmaßnahmen gewürdigt werden“, so ein Sprecher der Deutschen Bank. Der WWF will über seine Zentrale in der Schweiz mit den umgerechnet rund 2,8 Millionen Mark Umwelterziehungsarbeit in Madagaskar leisten und die Erweiterung und Verbesserung der 36 bestehenden Naturschutzgebiete und -parks unterstützen. Madagaskar genieße „Top-Priorität“ beim WWF, weil jährlich rund 200.000 Hektar Tropenwald vernichtet würden und Bodenerosion und Wassermangel den Reisanbau des Landes bedrohten, sagte eine Sprecherin von WWF-Deutschland. Es gelte vor allem, die Jugend des Sudans über die ernste ökologische Situation aufzuklären. Die Initiative der Deutschen Bank sei „im besten Sinne Hilfe zur Selbsthilfe“.

Entwicklungsländer stehen bei der Deutschen Bank mit insgesamt 5,2 Milliarden Dollar in der Kreide. Noch im September vergangenen Jahres hatte Vorstandssprecher Herrhausen eine Umwandlung von Schuldtiteln in Spenden zugunsten von Hilfswerken mit den Worten „wir sind kein karitatives Institut“ abgelehnt. „Das wäre kontraproduktiv“ so Herrhausen damals, „damit machen wir die Länder, um die es geht, nicht wieder kreditwürdig“.

Der Sinneswandel bei der Deutschen Bank, die im letzten Jahr einen Gewinn von 1,2 Milliarden Mark erwirtschaftete, wird von Kritikern in seinen Auswirkungen als „Tropfen auf den heißen Stein“ betrachtet. Die „kritische Aktionärin“ Johanna Vinnemann von der katholischen Gruppe „Pax Christi“ forderte einen völligen Erlaß der Schuldenforderungen gegenüber den ärmsten Entwicklungsländern. Die „Großzügigkeit“ der Bank gegenüber Ländern der Dritten Welt zeige sich in halbherzigen Spenden von ein paar Millionen, während die Inhaber von Genußscheinen des von der Bank übernommenen Handelshauses Klöckner&Co. für den Verlust ihrer Rechte nach spekulativen Transaktionen 100 Millionen Mark erhielten, so Klaus Milke, kritischer Aktionär vom Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO).