: Begeisterung für Little Steven
■ Konzert überzeugte trotz schlechter Aussteuerung und wenig Rockfans
Aus den Ritzen im Modernes muß es gequalmt haben wie aus einem undichten Küchenofen: Pausenlos, während des gesamten Konzertes, pumpten Nebelkanonen dichte Schwaden auf die Bühne, die fünf exotisch gekleideten Männer darauf wirkten, von hinten angestrahlt, wie unwirkliche Schattenrisse vor gleißendem Licht - John Carpenters Film „The Fog“ mag hier die Idee geliefert haben. Neben der schlechten Luft mutete der sich in Interviews gern radikal umweltschützlerisch gebende Steve Van Zandt seinem Publikum einen schlecht ausgesteuerten Sound zu. Der 38jährige Politsänger aus New Jersey bot jedoch eine hervorragende Rock-Show der klassi
schen, der konservativen Art. Mit ungestümen Bewegungen beherrschte er die Bühne, bezieht seine beiden farbigen Frontleute in eine wilde Choreographie ein und setzt die dramatischen Akzente dabei mit selbstbewußter Lässigkeit: Little Steven ist ein Hexenmeister der Pose, sein Piratenlook und das exotische Streetgang-Outfit seiner Band schaffen eine wüste Bühnenpräsenz, zu der kaum etwas besser paßt, als Rauch und Lärm.
Im Mittelpunkt des Konzerts standen die Stücke der neuen LP, rüde, treibende Funkrhythmen mit starkem Synthi-Besatz, live kommt Stevens Gitarre allerdings noch mehr zu Geltung als auf der Platte. Seine Stimme kommt
heute dunkler, rauher, wie auch die Musik mehr der Ausdrucksweise der Schwarzen angenähert.
Dazwischen die mehr „straighten“ älteren Stücke, allen voran die Springsteen-Adaptation „Out Of The Darkness“, die zu Abschluß des regulären Sets das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriß. Am Schluß, nach „Sun City“ und der sehr souligen Einlage eines Gasttrompeters wurde sie trotz Saallicht und Musik vom Band nochmal auf die Bühne zurückgepfiffen und -geklatscht.
Leider waren nur etwa 350 Menschen erschienen. Little Steven mußte sich unter Wert verkaufen und Rockfans, die lieber in der Sonne blieben, haben was verpaßt.
Rainer Köster
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen