piwik no script img

Ideologischer Gegenangriff

■ Armee und Partei werden auf neuen Kurs eingeschworen

Nach seinem Sieg beim Kampf mit den liberalen Reformern um die Macht im Staats- und Parteiapparat geht der konservative Flügel der Kommunistischen Partei Chinas um Ministerpräsident Li Peng und Staatspräsident Yang Shangkun nun auch zum ideologischen Gegenangriff über. Mit bereits in früheren Zeiten bewährten Umerziehungsmethoden soll die durch die Massenproteste der vergangenen Wochen verunsicherte Basis wieder auf die herrschende Linie eingeschworen werden.

Besonderer Nachdruck wird dabei offenbar auf die ideologische Festigung der Soldaten gelegt, die zur Bekämpfung der Studentenproteste nach Peking beordert worden waren und dabei fast eine Woche von demonstrierenden Studenten und Arbeitern belagert worden waren. Diese hatten sie mit Lebensmitteln versorgt und in engagierten Diskussionen zu überzeugen versucht, daß ihre Forderungen nach mehr Demokratie und einem Ende der Korruption und Bürokratenwirtschaft gerechtfertigt seien.

Wie das chinesische Fernsehen am Freitag berichtete, wurden Parteimitgliedern und Soldaten in langen Sitzungen Filme mit den Reden Lis und Yangs vorgeführt, die sie anläßlich der Verhängung des Kriegsrechts über Teile von Peking am 19. Mai gehalten hatten. Sprecher der Partei bezeichneten die Reden, in denen sich „der Wille der gesamten Partei“ widerspiegele, als „sehr bedeutend“.

Das Fernsehen zeigte Bilder, die zur „Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung“ in Peking stationierte Soldaten dabei zeigten, wie sie den Erklärungen von Politkommissaren zuhörten. Die Kader verlasen ein Schreiben des Oberkommandos, in dem eine kleine Gruppe von Personen beschuldigt wird, die Studenten für einen Angriff auf die Parteiführung mißbraucht zu haben.

Solche politischen Indoktrinationskurse waren in der Vergangenheit meist eingesetzt worden, um die Basis der Partei auf einen neuen Kurs der Parteiführung einzuschwören. Wenn man die Parteimitglieder darin mit genügend „Argumentationshilfen“ ausgestattet hat, wurden diese in ihre Betriebe und Massenorganisationen geschickt, um dort die Parteilinie zu vertreten.

ap

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen