Kommt Zeit, kommt Freispruch

■ Zwei ehemalige Mitglieder der Jungen Union in 2.Instanz vom Vorwurf der Beteiligung an rechtsextremistischen Aktionen freigesprochen

Mit einem Freispruch vom Vorwurf der Volksverhetzung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole endete gestern vor dem Landgericht der Berufungsprozeß gegen zwei ehemalige Mitglieder der Jungen Union (JU). Der 29jährige Altenpfleger Jürgen L. und der 24jährige berufslose Stefan Sch. waren, wie berichtet, in 1.Instanz zu 6.500 Mark Geldstrafe bzw. 1.000 Mark Geldbuße verurteilt worden, weil sie im Mai '85 in einer Frankfurter Jugendherberge „Sieg Heil“ gerufen und die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben haben sollten. In der Herberge hatten seinerzeit rund 50 Mitglieder und Anhänger der JU übernachtet, die auf Einladung des damaligen Berliner Landesvorsitzenden der CDU-Nachwuchsorganisation, Dombrowski, an einer Veranstaltung des US-Präsidenten Reagan vor dem Hambacher Schloß teilnehmen wollten. Ein 69jähriger Sozialdemokrat hatte von den rechsextremistischen Ausschreitungen gehört und dreieinhalb Jahre dafür gekämpft, bis Anklage erhoben wurde.

Das Landgericht ging gestern zwar ebenso wie die Vorinstanz davon aus, daß es in der Jugendherberge zu erheblichen rechtsextremistischen Ausschreitungen gekommen war, hielt es jedoch für nicht mehr aufklärbar, inwieweit die Angeklagten daran beteiligt waren. Der Vorsitzende Richter Fitzner machte jedoch keinen Hehl daraus, daß der „im Zweifel“ für die Angeklagten ergangene Freispruch nur ein halbherziger sei: Die Dinge wären „richtiger gewichtet worden“, wenn das Verfahren gegen eine Geldbuße eingestellt worden wäre, meinte Fitzner. Für die Einstellung eines Verfahrens bedarf es der Zustimmung von Angeklagten und Staatsanwaltschaft. Während die Angeklagten ohne Zaudern zugestimmt hatten, hatte Staatsanwalt Jantz sich dagegen ausgesprochen, weil er die beiden Männer für schuldig hielt.

In der dreitägigen Beweisaufnahme waren 20 Zeugen gehört worden. Zwei hatten die Angeklagten belastet, die übrigen wollten nichts mitbekommen haben. Jürgen L. und Stefan Sch. hatten sich darauf berufen, daß sie nicht in der Herberge waren, als dort das nationalsozialistische Horst-Wessel-Lied gesungen und die Arme mit einem „Sieg Heil„-Ruf in die Höhe gereckt wurden. Jürgen L.s Kommentar zum Freispruch: „Die Gerechtigkeit hat gesiegt.“

plu