: „Vorerst“ keine THTR-Prüfung
Ministerium bestätigt taz-Bericht: Experten-Kolloquium über NRW-Atomanlagen ohne THTR ■ Von Gerd Rosenkranz
Berlin (taz) - Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium und die Elektrowatt Ingenieurunternehmung EWI in Mannheim bestätigten gestern übereinstimmend einen Bericht der taz, wonach in der kommenden Woche ein Experten-Kolloquium über die Sicherheit der Atomanlagen in NRW stattfinden soll. Ministeriumssprecher Ulrich Brüne räumte ein, daß dabei der umstrittene Hochtemperaturreaktor THTR-300 „aufgrund der besonderen Situation vorerst ausgeklammert“ bleibe.
Der Projektleiter des sogenannten EWI-Gutachtens, Walter Hengst, meinte, Wirtschaftsminister Jochimsen habe „sicherlich gute Gründe“ für den Verzicht auf die THTR -Überprüfung. Er wisse nicht, „ob, wann und wo“ dieser Teil des Kolloquiums nachgeholt werden könne. Professor Jochen Benecke, dessen Arbeitsgruppe den „krtischen Teil“ zum EWI -Gutachten beigesteuert hatte, ist dagegen „nicht glücklich“ über die Entscheidung, den Hochtemperaturreaktor nicht zu behandeln. Die „offenen Fragen sollten möglichst bald geklärt werden“, betonte Benecke. Er wolle sich jedoch trotzdem an dem Kolloquium in der kommenden Woche beteiligen, um wenigstens die Sicherheit des Uralt -Siedewasserreaktors von Würgassen und des Versuchsreaktors AVR in Jülich intensiver behandeln zu können. Die nordrhein -westfälischen Grünen werteten die Ausblendung des THTR bei dem Experten-Treffen als „Zeichen vorauseilenden Gehorsams der Landesregierung gegenüber den Erpressungsversuchen der Betreiber“. Sollte die Landesregierung bei ihrer Haltung bleiben, „hätte sie ihre vielgepriesene Sicherheitsphilosophie, wonach bei Atomanlagen die Sicherheit der Bevölkerung wichtiger sei als betriebswirtschaftliche Aspekte, auf zynische Weise ins Gegenteil verkehrt“, erklärte der umweltpolitische Sprecher der NRW-Grünen, Harry Kunz.
Der Sprecher der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW), Jochen Drath, bestätigte gegenüber der taz, daß der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und die THTR -Betreibergesellschaft HKG weiter nach einer Lösung des Konflikts um die Wiederinbetriebnahme des stillgelegten Reaktors ringen. Drath forderte erneut den Auslaufbetrieb des THTR bis Ende 1991, der die „Überschuldungssituation“ der Gesellschaft nach seiner Auffassung von 250 auf 50 Millionen Mark drücken könnte. Die Frage der Wiederinbetriebnahme des Reaktors habe nichts zu tun mit den Auseinandersetzungen über die Aufteilung der Stillegungskosten zwischen den Betreibern und der öffentlichen Hand, betonte Drath. Der „Knoten kann nicht gelöst werden, solange Bund und Land dieses Junktim aufrechterhalten“. Der VEW-Sprecher bestätigte einen weiteren Briefwechsel zwischen den Betreibern und dem NRW -Wirtschaftsministerium. Über den Inhalt wollte er jedoch nichts sagen. Am heutigen Mittwoch soll es erneut zu einem Treffen der beteiligten Parteien kommen.
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