Das Recht mit Füßen getreten

■ Viertel-Beirat rügt mit allen Stimmen der SPD illegales SPD-Wahlkampfzelt auf den Weserwiesen

Es kommt in Bremen nicht oft vor, daß ein Stadtteilbeirat sich in einem Aufwasch mit SPD-Regierung und Partei anlegt. Und wenn es sogar zwei saftige Rügen sind, die der Beirat unter Zustimmung aller SPD-Mitglieder verteilt, dann muß der Ärger tief sitzen. „Die autokratische Weise, in der SPD -SenatorInnen und Landesverband demokratische Grundprinzipien und das Recht der Natur mit Füßen treten, kann nicht hingenommen werden“, beschloß der Beirat östliche Vorstadt am Dienstag abend bei nur einer Gegenstimme (der FDP).

Grund des harten Beirats-Zorns: Ein Zelt auf den Weserwiesen unterhalb des Bürgerhauses, in dem am 20. Mai Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Björn Engholm wahlkämpfend für die Stillegung des niedersächsischen AKWs Stade warb und in dem am Wochenende danach ein überregionaler Ausbildungs-Kongreß der SPD stattfand. Nur für diese beiden Veranstaltungen hatte das Gartenbauamt die Sondernutzung der Uferwiese genehmigt. Doch dann hatte der SPD-Ortsverein Peterswerder eine Idee. „Damit das Zelt zwischendurch nicht so dumm rumsteht“, erinnerte sich am Dienstag abend Ortsvereinsmitglied und Beirat Weisenbach, warum an den Abenden der Woche zwischen Engholm-Auftritt und Kongreß kurzfristig Tanzmusik mit Bratwurstbuden und Bierschwemme im und um das Zelt herum organisiert wurde. Das brachte zwar Geld ins Ortsvereins-Säckel, genehmigt war es zunächst allerdings nicht. Im Gegenteil: Das Gartenbauamt setzte sich ausdrücklich gegen die zusätzliche Belastung der Wiese ein, deren Grasnarbe als Überflutungsfläche unversehrt bleiben muß. Schließlich hatte der SPD-OV Peterswerder gerade erst zwei Wochen zuvor sein Maizelt am gleichen Ort aufgebaut.

Doch so schnell wollten sich die Genossen das Zeltgeschäft nicht verderben lassen. Schließlich gehört das Gartenbauamt

zum Umweltressort und deren Chefin Evi Lemke-Schulte wiederum zum SPD-Ortsverein Peterswerder. Ein Anruf ihres Stellvertreters Lüthge beim Gartenbauamt - Zelt genehmigt.

Nur der Beirat, dessen Mitwirkungsrechte die Bremer SPD mit einem neuen Gesetz gerade stärken möchte, wußte überhaupt noch nichts vom Zelt. „Völlig übergangen“ fühlte er sich, so sein Beschluß am Dienstag abend. Und auch die Nachbarn Bürgerhaus Weserterrassen und Cafe Ambiente erfuhren erst beim Aufbau von dem Zelt, aus dem am Abend so laut Rock'n Roll kam, daß eine Cafe-Veran staltung abgesagt werden mußte.

„Bei uns sind die Leute reihenweise weggelaufen“, beschwerte sich der Ambiente-Betreiber am Dienstag vor dem Beirat, „Kaffee und Kuchen mitten zwischen Würstchenbuden, das ist nicht so toll.“ Dafür hatten die Pinkelbecken im Ambiente großen Zulauf. Schließlich hatten die SPD-Zelt -Organisatoren auf einen eigenen Klo-Wagen verzichtet. „Als wir dann unsere Gartentür abgeschlossen haben, standen die Männer am Zaun und haben uns in den Garten gepinkelt“, erinnerte sich der Ambiente-Chef.

Schließlich ergaben die Recherchen des Ortsamtes, daß vom Gartenbauamt nur ein 700-Quadratmete-Zelt genehmigt war.

Aufgestellt wurde jedoch ein 1.400-qm-Zelt. Und weil das auf den zugewiesenen Platz nicht paßte, wurde es kurzerhand auf dem bereits vom Maizelt lädierten Rasenstück errichtet. „Es war das falsche Zelt an der falschen Stelle“, faßte Ortsamtsleiter Heck zusammen.

„Ich kann mich hier nur für die SPD entschuldigen“, gestand dann auch Beiratssprecherin Pensky und gelobte Besserung. In Zukunft, so ihr einstimmig beschlossener Antrag, soll die Weserwiese am Ambiente nur noch für vier Tage vom SPD -Maizelt, für zwei Tage vom Stadtteilfest und eventuell für die Breminale zugestellt werden dürfen.

Ase