: Verlorene Paradiese für Schädlinge
■ Im Überseemuseum wird für ökologischen Gartenbau geworben / Ausstellungsrogramm
Ordentlich und sauber sieht es in vielen bundesdeutschen Gärten und Vorgärten aus. In Reih‘ und Glied blühen und leuchten die Zierpflanzen - sorgsam mit Pestiziden gehegt und gepflegt - um die Wette. Mit der Hacke in der Hand wacht der bunte Gartenzwerg über diese Pracht.
Gegen Huflattich, Löwenzahn, Breitwegerich und Sauerampfer
-sprich Unkraut - wird mit Hacke, Spaten und der Giftspritze zum Angriff geblasen. Lebensräume für die Natur werden so durch Hobbygärtner zerstört, viele Tier-und Pflanzenarten müssen dran glauben.
Die zwei Sonderausstellungen „Auf der Suche nach dem verlorenem Paradies - Gärten in der Stadt“ und „Unser Leben im Wald - Ein Gartenbauprojekt im Amazonastiefland“ zeigen bis Ende September im Übersee-Museum Tips und Tricks, wie mensch es auch anders machen kann. „Der Garten ist nicht nur für den Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen wichtig“, erklärte Mareike Molkewehrun, die gemeinsam mit der Malerin Eva-Marie Strobel beide Ausstellungen konzipiert und die Bildtafeln gestaltet hat. Ökologische Gartengestaltung wird hier ganz
groß geschrieben. Neben den „Zehn Geboten des Öko-Gärtnerns“ - von: Du sollst recyceln bis Schütze die Moore und benutze keinen Torf - gibt es Infos zur Kompstierung, ökologischen Düngung und zum Gebrauch von Dach-Solaranlagen und vieles mehr. Was so alles im Boden kreucht und fleucht veranschaulicht eine kleine schwarze Glasbox an der Wand, in der es schwabbelt und wabbelt - Regenwürmer bei der Arbeit. Auch über die kleinen - schwarzen Erdhügelchen im Garten Indiz
für die rege Bautätigkeit der Maulwürfe-sollten sich die Hobbygärtner lieber freuen als in wüste Schimpfkanonaden auszubrechen, meinte Mareike Molkewehrun. Denn die „lebenden Abwasserkanalbauer“ sorgen schließlich dafür, daß der Boden schön locker bleibt und nicht in Regenwasser versinkt und fressen sogar noch Schädlinge, die sich über Blumenkohl, Kürbisse und mehr hermachen. In einem kleinen Rondel kann mensch - in Socken oder auch barfuß - ausprobieren, wie sich Waldboden,
Rasen, Sand und Stein so anfühlen. Bei all der Theorie muß sinnliches Erleben schließlich auch sein.
In der parallellaufenden und ergänzenden Ausstellung „Unser Leben im Wald“ werden Bilder von dem Indianer Robert Rengifo gezeigt, die im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojekts entstanden sind. Eindrucksvoll erzählen sie von der Vernichtung des Regenwaldes und von den Existenznöten der Indianer, die hier leben. Gleichzeitig zeigen sie den Indianern, die oftmals nicht spanisch sprechen und lesen können, Methoden des integrierten ökologischen Gartenbaus im tropischen Regenwald. „Mann kann Parallelen zu unserem ökologischen Gartenbau erkennen. Bei den Indianern geht es aber um mehr - nämlich um deren Lebensexistenz“, erklärte Mareike Molkewehrun.
Nicola Roggendorf
Eine Übersicht über verschiedene Veranstaltungen gibt es kostenlos im Übersee-Museum. Der nächste Termin: „Rund um die Kompostierung“, 27.6. um 17 Uhr, auf dem Recycling-Hof Findorff.
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