: Die Grünen etablieren sich
Im Europaparlament können die UmweltschützerInnen künftig zum Zünglein an der Waage werden - vorausgesetzt, das breitgefächerte Spektrum der grünen und Regenbogenparteien kann sich auf eine gemeinsame Fraktion einigen. Geradezu kometenhaft war der Anstieg der französischen „Les Verts“, die es auf 10,6 Prozent brachten. Übertroffen wurde er nur von den britischen Grünen, die mit 15 Prozent zur drittstärksten Partei wurden - allerdings vom Mehrheitswahlrecht um die Früchte ihres Erfolgs gebracht wurden. Die beiden Grünen Listen Italiens können fünf ParlamentarierInnen nach Straßburg entsenden, und in der Bundesrepublik stabilisierten sich die Grünen (für 8,4 Prozent gibt es acht Sitze).
Nach Prozenten erfolgreich, aber ohne Präsenz in Straßburg endeten die Europawahlen auch für die irischen Grünen, denen vor den Wahlen niemand eine Chance gegeben hätte. Bei den gleichzeitigen Wahlen zum nationalen Parlament bekamen sie ihren ersten Abgeordnetensitz, bei der Europawahl kamen sie, ohne überall zu kandidieren, in einigen Wahlkreisen auf bis zu 5 Prozent. Italiens gespaltene Grüne können fünf Sitze in Straßburg beanspruchen. Die Namen der gewählten Abgeordneten werden erst im Laufe einer zweiten Auszählung bekannt, da in Italien auch Einzelpersonen (und nicht nur Listen) gewählt werden können. So steht auch noch nicht so genau fest, ob es sich bei den Ökologen um waschechte „Grüne“ handelt - die errungenen 6,2 Prozent verteilen sich nämlich auf zwei Listen: auf die „Sole che ride“ (Lachende Sonne) mit 3,8 Prozent und die „Verdi Arcobaleno“ (Regenbogengrüne) mit 2,4 Prozent, die der Radikalen Partei nahestehen. Noch ist unklar, ob die beiden Gruppen in Straßburg ein- und derselben Fraktion angehören werden.
Die Fraktionsfrage ist auch bei den französischen Grünen ungeklärt. Mit satten 10,6 Prozent kann die Partei, die in den vergangenen 15 Jahren ein außerparlamentarisches Schattendasein führte, ins Europaparlament einziehen. Im Elsässer Wahlkreis ihres Spitzenkandidaten Antoine Waechter brachten es „Les Verts“ sogar auf 20,5 Prozent der Stimmen und wurden damit zweitstärkste Kraft nach der gemeinsamen Liste von Gaullisten und Zentristen unter Giscard d'Estaing. Offensichtlich kam der Wahlslogan „Wir sind weder links noch rechts noch in der Mitte“ gut an.
Diese Linie will Waechter auch im Europaparlament verfolgen. Waechter ist gegen eine Regenbogenfraktion, er möchte in Straßburg am liebsten seine eigene Gruppe haben. Die deutschen Grünen plädieren dagegen für eine starke gemeinsame Fraktion aller europäischen UmweltschützerInnen.
In Belgien gewinnen die belgischen Grünen voraussichtlich ein Mandat hinzu und werden künftig mit drei Abgeordneten in Straßburg sein, in Spanien brachte es keine der grünen Listen es zu einem Mandat. In Portugal kandidierten UmweltschützerInnen gemeinsam mit den Kommunisten und erragen voraussichtlich vier Sitze. Die niederländischen Grünen bleiben bei ihren bisher zwei Sitzen. In Luxemburg verbesserten sie sich von zwei auf vier Sitze. In den übrigen Ländern waren bei Redationsschluß noch nicht alle Stimmen ausgezählt.
Dorothea Hahn
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