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El Salvadors rechte Regierung startet durch

Neues „Antiterrorgesetz“ soll Bürgerrechte beschneiden / Rechtsextreme Regierung zieht nach Kritik der USA Entwurf vorerst zurück  ■  Von Ralf Leonhard

Managua (taz) - Der Weihbischof von San Salvador, Gregorio Rosa Chavez, befürchtet einen „Rücktritt in finstere Zeiten“, die Christdemokraten sprechen von einem „Auftakt zur totalen Repression“, und selbst der US-Vizepräsident Dan Quayle moserte, als er letzte Woche dem bürgerkriegsgeschüttelten Land einen Besuch abstattete.

Ursache der Empörung: ein sogenanntes Antiterrorgesetz, mit dem die gerade drei Wochen alte Regierung Cristiani die Grund- und Bürgerrechte empfindlich beschneiden will.

Nachdem nun selbst aus den Reihen der regierenden rechtsextremen Arena Kritik aufkam, wurde die Debatte ums Gesetzesprojekt erst mal aufgeschoben. Doch kaum jemand zweifelt daran, daß die Regierung darauf wieder zurückkommt. Schönheitskorrekturen sind nicht ausgeschlossen.

Der zunächst nun auf Eis gelegte Entwurf einer Antiterrorgesetzgebung sieht vor, daß künftig bestimmte Vergehen der Jurisdiktion der ordentlichen Gerichte entzogen und Militärtribunalen unterstellt werden: Darunter fallen zum Beispiel die Existenz, Organisation, Aktion und mündliche, schriftliche oder sonstige Propaganda bewaffneter Gruppen sowie derer Tarnorganisationen. Damit sind die Gewerkschaften und andere Volksorganisationen gemeint, die von Militärs und Regierungsfunktionären stets mit der FMLN -Guerilla in einen Topf geworfen werden.

Für DemonstrantInnen ist außerdem ein Vermummungsverbot vorgesehen sowie das Verbot, Straßen zu blockieren und Plakate zu kleben. Das angestrebte Verbot, die Präsidenten der drei Staatsgewalten und deren sonstige Funktionäre zu kritisieren, wäre ein offenes Attentat auf die Freiheit der Meinungsäußerung. Und die Journalisten, mit denen Arena nie viel Freude hatte, sollen endgültig an die Kandare genommen werden, denn wer Nachrichten verfaßt oder veröffentlicht, die angeblich tendenziös oder falsch und die verfassungsmäßige Ordnung zu stören geeignet sind, würde sich unter dem neuen Gesetz strafbar machen. „Für die vorläufige Festnahme“, so heißt es im Entwurf, „genügt jeder Verdacht oder Hinweis.“

Nachdem sich die Vereinigten Staaten jahrelang ohne großen Erfolg bemüht haben, den Justizapparat und die gesetzgebung El Salvadors zu modernisieren, wäre das „Gesetz zur Verteidigung des demokratischen Prozesses“ ein weiterer Rückschritt der ohnehin schon rigiden Regelungen. Nach Vizepräsident Quayles Besuch in San Salvador wurde der Gesetzesentwurf zurückgezogen.

Zudem kam der Gewerkschafter Jose Mazariego frei, für den sich eine Reihe demokratischer Abgeordneter des US -Kongresses eingesetzt hatte. Mazariego war von der Finanzpolizei mit Säure gefoltert worden.

Weitere Gewerkschafter und die Führung des Vertriebenenkomitees Cripdes sind aber noch in Haft, obwohl der Richter zugab, daß gegen sie nichts vorliege. Julio Cesar Portillo vom Gewerkschaftsdachverband UNTS forderte am Montag bei einer Demonstration ihre Freilassung und verurteilte das Gesetzesvorhaben, das die Todesschwadronen legalisieren und die Volksorganisationen zur Verfolgung freigeben solle.

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