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1.500 Mark für eine Dose

■ Studentin wegen Nötigung, Beleidigung und Widerstand verurteilt Sie hatte an den Blockaden vor der FU-Medizin teilgenommen

Wegen versuchter Nötigung, Widerstandes und Beleidigung von Polizisten im Zusammenhang mit den Sitzblockaden beim Hochschulstreik im letzten Wintersemester wurde eine 21jährige Studentin der Philosophie am Dienstag von einem Moabiter Schöffengericht zu 1.500 Mark Geldstrafe verurteilt. Dieses Verfahren war das einzige zum Hochschulstreik, bei dem schwerer Landfriedensbruch angeklagt war. Dieser Vorwurf wurde jedoch fallengelassen.

Die Studentin hatte sich im Januar 1989 an einer Sitzblockade vor dem Institut der Anatomie in Dahlem beteiligt. Damit sollte lernwilligen Studenten, die mit Polizeiwagen vor Ort gebracht wurden, der Zugang zum Institut verwehrt werden. Die Angeklagte sagte aus, sie sei von einem Polizisten in einem überraschend brutalen Einsatz auf die Straße geworfen worden. Aus Wut habe sie ziellos eine leere Aluminiumdose geworfen, die ein Polizeifahrzeug traf. Sie wurde daraufhin abgeführt und gab zu, die Polizisten als „Arschlöcher“ beschimpft zu haben, weil sie sich auf den Fußboden des Polizeifahrzeuges setzen mußte.

Der Verteidiger der Studentin, der Jura-Professor Uwe Wesel, sprach von berechtigten Forderungen und äußerte Verständnis für die Wut und Empörung von Studenten über den nach seinen Angaben äußerst rüden Polizeieinsatz. Insbesondere zum Vorwurf der Nötigung gab Wesel zu bedenken, ob das Hinsetzen auf die Straße überhaupt Gewalt bedeute. Eine Weigerung, sich in einem „solchen psychischen Klima“ von der Straße zu entfernen, könne demgegenüber aber laut Urteil bereits als Gewalt angesehen werden. Bejaht wurde vom Gericht auch die Frage der Verwerflichkeit als Tatbestandsmerkmal einer Nötigung. Nicht verwerflich sein können Umstände, erläuterte der Richter, die lebensbedrohend seien und die Allgemeinheit beträfen, wie bei Protestaktionen gegen Raketenstationierungen oder Atomkraftwerke.

Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Monate Haft mit Bewährung wegen einfachen Landfriedensbruchs beantragt. Mit vereinten Kräften seien, so der Anklagevertreter, aus einer Menschenmenge heraus Gewalttätigkeiten begangen worden. Es liege eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vor, zumal die Gefahr einer Ausweitung der Aktionen gegeben gewesen sei.

Das Gericht hingegen äußerte erhebliche Zweifel, ob das Werfen des Gegenstandes die öffentliche Sicherheit gefährdet habe. Dazu wäre erforderlich, daß eine große Menschenmenge betroffen wäre. Ein ähnlicher Vorfall auf dem Kurfürstendamm hätte möglicherweise zu einer anderen Entscheidung geführt.

dpa

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