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Durch Übernahmen weicht Südafrika Sanktionen aus

Beteiligungen von Firmen des Apartheidstaates im Ausland stark gestiegen  ■  Aus Genf Andreas Zumach

88 transnationale Unternehmen (TNCs) Südafrikas kontrollieren heute bereits 437 Firmen in 44 Staaten von den Virgin Islands, über Liechtenstein, Hongkong, Großbritannien bis zu den USA oder der BRD. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung mit dem Titel Apartheid für den Export?, die der „Internationale Bund freier Gewerkschaften“ (IGB) anläßlich der am Mittwoch zu Ende gegangenen Jahrestagung der „Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)“ in Genf vorlegte. Es ist die erste Studie, die einen umfassenden Überblick über Unternehmen des Apartheidstaates und ihre Beteiligungen und Tochtergesellschaften im Ausland bietet. Der Export südafrikanischen Kapitals und Know-hows sowie Aufkäufe von bzw. Beteiligungen an Unternehmen im Ausland haben danach in den letzten Jahren stark zugenommen und sind zugleich „weitgehend ignoriert worden“. Sie seien für den Apartheidstaat von wachsender Bedeutung bei dem Versuch, Sanktionen zu unterlaufen.

Die Studie nennt zahlreiche Beispiele für südafrikanische Firmen, die am Weltmarkt wohletablierte ausländische Unternehmen aufkaufen, die nicht Ziel von Sanktionen sind. Oft geschieht dies über international verschachtelte Kapitalbeteiligungen mehrerer Länder. Ein Beispiel ist der Tabak- und Alkoholika-Konzern Rembrandt, der sich 1988 in eine Luxemburger Firma einkaufte. Die ist wiederum zu hundert Prozent im Besitz eines Schweizer Holding ist, unter deren unverdächtigen Namen jetzt der Großteil der internationalen Geschäfte abgewickelt werden. Ähnliche Manöver seien verstärkt zu erwarten im Hinblick auf den EG -Binnenmarkt 1992. Es werde damit „immer komplizierter“, die Versuche von südafrikanischen Unternehmen aufzudecken, den Sanktionsdruck zu unterlaufen. Die IAO-Jahrestagung drittelparitätisch zusammengesetzt aus Gewerkschafts-, Unternehmer-und RegierungsvertreterInnen der Mitgliedsstaaten - forderte die Gewerkschaften weltweit auf zu „Kampagnen zur Verhinderung bzw. Aufdeckung der Versuche südafrikanischer Unternehmen, ausländische Firmen aufzukaufen“.

Die zweite Sorge des IGB gilt den Arbeits-, Lohn- und Mitbestimmungsbedingungen in ausländischen Tochtergesellschaften südafrikanischer Unternehmen. Sechs große Konzerne (Anglo-American, Liberty, Rembrandt, Sanlam, Barlow Rand und Anglo Vaal) kontrollieren fast 80 Prozent aller Unternehmen, deren Aktien an der Johannesburger Börse gehandelt werden. Sie sind zugleich auch führend bei der Übernahme von oder Beteiligung an ausländischen Firmen. So sind allein 110 der 437 ausländischen Beteiligungen der Anglo-American Cooperation. Mit Verweis auf den gegen den Konzern gerichteten großen Minenarbeiterstreik von 1987 und den „totalen Unwillen“ der Petrochemiefirma Sasol, auf gewerkschaftliche Forderungen einzugehen, betont der IGB die Notwendigkeit einer internationalen Gewerkschaftsstrategie gegenüber südafrikanischen TNCs. Spitzenreiter unter den 44 Staaten, in denen Firmen im südafrikanischen Besitz residieren, ist Großbritannien mit 76 Unternehmen. Es folgen Simbabwe mit 42 und die USA mit 35. In der Bundesrepublik unterhalten acht Muttergesellschaften aus dem Apartheidstaat 13 Tochterfirmen (siehe Kasten), die „eine aktive Rolle bei der Aufrechterhaltung und Stärkung des Apartheidsystems spielen“ (IGB).

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