Hessen: Schluß mit Leiharbeit in AKWs

Weimars Konsequenz aus dem Fall des krebskranken türkischen Leiharbeiters Necati Demirci  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Der Einsatz von Leiharbeitern in Atomkraftwerken und anderen atomtechnischen Anlagen soll in Hessen demnächst nicht mehr zulässig sein. Wie der Minister für Umwelt und Reaktorsicherheit Karlheinz Weimar (CDU) in Wiesbaden erklärte, werde derzeit ein Erlaß vorbereitet, der sicherstellen soll, daß in Zukunft nur noch das Stammpersonal einer Nuklearfirma für Arbeiten in atomtechnischen Anlagen eingesetzt wird. Der Erlaß bewirke, daß Aushilfskräfte oder Mitarbeiter anderer Firmen, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer „verleihen“, in AKWs und Atomanlagen nicht länger beschäftigt werden.

Mit seiner Entscheidung will der hessische Umweltminister eine erste Konsequenz aus dem Fall Demirci gezogen haben. Der Leiharbeiter türkischer Nationalität ist nach jahrelanger Arbeit sowohl bei der Alkem in Hanau als auch bei den Firmen RBU I und RBU II in Hanau und Karstein (Bayern) an Krebs erkrankt (die taz berichtete). Demirci war von der Hanauer Gebäudereinigungsfirma Böhm in den Nuklearfirmen eingesetzt worden.

Neben dem zukünftigen Verbot des Einsatzes von Leiharbeitern plant Minister Weimar mit Blick auf den Fall Demirci auch eine Verbesserung des Schutzes ausländischer Arbeitnehmer in sogenannten Servicebetrieben, die in Atomanlagen zum Einsatz kommen. Belehrungen über die Erfordernisse des Strahlenschutzes sollen demnächst im Beisein eines vereidigten Dolmetschers stattfinden. Gegenwärtig besitzen rund 250 Firmen eine Genehmigung nach der Strahlenschutzverordnung für Tätigkeiten in Einrichtungen, in denen mit radioaktiven Stoffen umgegangen wird: „Das reicht von einfachen Reinigungsarbeiten bis hin zu hochqualifizierten Montagearbeiten.“ Wie Weimar weiter mitteilte, werde er sich bei Bundesumweltminister Töpfer (CDU) dafür einsetzen, daß die hessischen Vorstellungen bundesweit zum Tragen kommen.

Der Anwalt des krebskranken Necati Demirci, Matthias Seipel, hielt Weimar auf Nachfrage der taz entgegen, mit seiner Forderung nach Hinzuziehung eines Dolmetschers habe er erklärt, daß „alle Schimmel weiß“ seien. Die Strahlenschutzverordnung fordere schon immer explizit die Belehrung der in Nuklearbetrieben eingesetzten Arbeitnehmer

-„und eine Belehrung, die von dem zu Belehrenden nicht verstanden wird, ist keine“. Im Falle Demirci habe sich die „Belehrung“ der Firma Böhm vor dem Einsatz in einem Nuklearbetrieb darauf beschränkt, daß die Arbeiter dort keine Zigaretten rauchen und keine Kaugummis kauen sollten.

Spendenkonto Demirci

BBU, die BI Hanau und die Kreisgruppe Aschaffenburg des BUND haben ein Rechtshilfe-Spendenkonto für Necati Demirci eingerichtet: „Hilfe für Necati Demirci“, Kreissparkasse Hanau, Konto-Nr. 128126; BLZ 50650122