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Kampf gegen die WAA mit Mercedes-Aktien?

Heftiger Streit bei Schwandorfer Bürgerinitiative um Kapitalanlage bei Daimler-Benz in Höhe von 40.000 Mark / Keine Bereitschaft, Aktien zu verkaufen / Vorwurf der Abkoppelung von der bundesweiten Anti-Atom-Bewegung  ■  Aus Schwandorf Bernd Siegler

„Daimler wurde vom Hitlerregime mehrfach als nationalsozialistischer Musterbetrieb ausgezeichnet.“ Viel mehr darf BI-Mitglied Rudi Stadlmeier auf der mit Spannung erwarteten Jahreshauptversammlung der Schwandorfer Bürgerinitiative gegen die WAA am Donnerstag nicht sagen. Dann entreißt ihm Diskussionsleiter Helmut Wilhelm aus Amberg das Mikrofon: „Das ist hier nicht unser Thema.“ Denn eigentlich sollte es ja in der Kreuzberggaststätte, dem Ort, an dem die BI im Oktober 1981 gegründet worden war, um die Perspektiven der Bürgerinitiative nach dem endgültigen Aus der WAA in Wackersdorf gehen. Doch zunächst stand die Vergangenheitsbewältigung an.

Schon im Jahr 1984 hatten Teile des BI-Vorstands 40.000 Mark in 30 Daimler-Benz-Aktien investiert. Nur durch Zufall kam dieses Geschäft ans Tageslicht. Auf einer Klausursitzung im April 1987 wurde schließlich der sofortige Verkauf der Aktien beschlossen. Der Erlös sollte für sogenannte „Risikorücklagen“ für die Anti-WAA-Kläger verwendet oder in die Ökobank investiert werden. Doch der Beschluß wurde nicht vollzogen. Sechs Monate später kam der Börsenkrach. Die BI hatte sich mit den Aktien verspekuliert, der Verlust bezifferte sich auf 14.600 Mark. Noch heute befinden sich die Aktien des Automobil- und Rüstungsgiganten im Besitz der BI.

„Als BI gegen die WAA ist es politisch nicht tragbar, solche Aktien zu besitzen“, betont die ehemalige Vorständlerin Karin Schmidt. Wie wenig Gedanken sich die Mehrzahl der 230 anwesenden der BI-Mitglieder jedoch darüber machen, zeigen die vielen Pfiffe, als die Aktivitäten von Daimler-Benz auf dem Rüstungssektor und in Südafrika aufgezählt werden. Im Gegenzug attestierte BI -Vorstandsmitglied Karl Misakewicz (CSU) dem Vorstand - und damit sich selbst - „verantwortungsvolles Handeln“ in der Aktiensache. Antonie Genzgen, neu im Vorstand, gesteht, sie sei „froh, daß die BI solche Aktien besitze“. Das sei doch eine sichere Geldanlage. Die Mehrheit der erschienenen Mitglieder stimmt dann auch gegen den Verkauf der Papiere. Der Aktienkrach ist nur einer von vielen Konflikten, die die größte BI der Republik an den Rand einer Spaltung bringen kann. Schon im Zuge der Vorbereitungen der bundesweiten Anti -WAA-Demonstration in München am 3.Juni 1989 hatte es Auseinandersetzungen gegeben, die BI-Sprecherin Erna Wellnhofer erneut thematisiert. Gegenstand der Kontroverse war der Redebeitrag von Ingrid Strobl zum Repressionsinstrument Paragrph 129a.

Teile der Vorstandschaft der BI Schwandorf hatten ursprünglich den Beitrag strikt abgelehnt und beschlossen, aus dem bundesweiten Bündnis mit einem eigenen Aufruf auszuscheren. Ein Kompromiß konnte dies in letzter Minute noch verhindern. Erna Wellnhofer wirft diesen Teilen des Vorstands eine „Abkoppelung von der bundesweiten Anti-Atom -Bewegung“ vor. „Die BI ist Teil und nicht der Kopf der bundesweiten Anti-Atom-Bewegung“, erinnert sie die Mitglieder an deren Stellenwert.

Der Flügel der BI um Erna Wellnhofer macht vor allem die starke grüne Strömung im Vorstand für diese Politik verantwortlich. In der Tat sind im Vorstand vier grüne Funktionäre, darunter ein Kreisrat vertreten, obwohl laut Satzung Mandatsträger politischer Parteien kein Vorstandsamt übernehmen sollen. „Sie betreiben reine Machtpolitik“, wirft Brigitte Pabst den Vorstandsgrünen vor, die sich - so Erna Wellnhofer - „über die BI profilieren“ wollen.

Nach fünf Stunden kann der „grüne“ Flügel jubeln. Irene Sturm und Klaus Pöhler vereinigten bei den Neuwahlen die meisten Stimmen auf sich. Erna Wellnhofer schaffte zwar den Sprung in den Vorstand, rangierte jedoch in der Gunst der Mitglieder nur an fünfter Stelle. Ob ihr anfänglicher Appell an „die Gemeinsamkeit des Widerstands“ auch zukünftig fruchten wird, bezweifelt selbst der grüne Landtagsabgeordnete Armin Weiß. „Es wird sich zeigen, ob die Risse zu kitten sind.“ Auch der seit langem im WAA -Widerstand und bei Robin Wood in München engagierte Hannes Bojarski sieht, daß „relevante Teile des Widerstands nicht mehr in die Oberpfalz kommen“, obwohl die DWK via Besitz des Baugeländes faktisch noch immer Standortpolitik betreibt. Er hofft, daß der neue Vorstand „die Politik des alten Vorstands beendet“. Schon seit längerem hat er insbesondere bei der Koordinierung bundes- und bayernweiter Anti-WAA -Aktionen beobachtet, daß Teile des Vorstands der BI Schwandorf eine „Ausgrenzungspolitik betreiben gegen den Teil des Widerstands, der die WAA am Bauzaun und nicht nur am Schreibtisch bekämpfen“ wollte.

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