piwik no script img

Hongkong-ChinesInnen über London empört

Keine automatische Aufnahme nach 1997 garantiert  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Empörung hat in Hongkong ein Bericht des Außenpolitischen Ausschusses des britischen Unterhauses vom Freitag ausgelöst. Den EinwohnerInnen Hongkongs soll kein Recht auf Wohnsitz in Großbritannien zugestanden werden, wenn die britische Kolonie im Jahr 1997 an China zurückgegeben wird, empfahl der Bericht.

„Eine der schändlichsten Stellungnahmen, die jemals über Hongkong gemacht wurden“, nannte das gemeinsame Büro des Exekutivrats und des Gesetzgebenden Rats in Hongkong diesen Bericht. Nach 150 Jahren Kolonialherrschaft stehle sich London aus der Verantwortung.

Der Ausschuß war zu dem Ergebnis gekommen, daß bis 1997 fast alle der 5,7 Millionen Hongkong-ChinesInnen den Anspruch auf einen britischen Kolonialpaß erworben haben werden. Bisher war man lediglich von 3,24 Millionen Menschen ausgegangen. Der Kolonialpaß berechtigt zwar nicht zur Niederlassung in Großbritannien, die PaßinhaberInnen können jedoch einen Antrag auf britische Staatsbürgerschaft stellen. In der Vergangenheit wurde diesen Anträgen meist entsprochen. Nach britischem Gesetz hätten dann auch Verwandte aus der VR China automatisches Aufenthaltsrecht. Die Gesamtzahl der potentiellen „Neu-Briten“ läge in diesem Fall bei nahezu sieben Millionen Menschen - eine Zahl, die in London Panik auslöst.

Der Unterhaus-Ausschuß forderte die britische Regierung auf, unverzüglich Verhandlungen mit den anderen Commonwealth - und EG-Ländern aufzunehmen, um die Flüchtlinge verteilen zu können, falls sich die Rückgabe der Kolonie 1997 an Peking als Katastrophe erweisen sollte. Um den vorzeitigen Exodus der „Elite“ zu verhindern, soll allerdings bis zu 100.000 Personen in Schlüsselstellungen das Recht garantiert werden, jederzeit ohne Formalitäten einwandern zu können.

Der britische Außenminister Sir Geoffrey Howe, der gestern zu einem dreitägigen „Goodwill-Besuch“ in Hongkong eintraf, wurde mit Protestdemonstrationen begrüßt. Es ist jedoch nicht zu erwarten, daß Howe Zugeständnisse machen wird. Für die 50.000 vietnamesischen Flüchtlinge in Hongkong hat er eine besonders bittere Pille im Gepäck: Der Unterhaus -Ausschuß bestätigte die Pläne der britischen Regierung, für die „Rückführung“ der Vietnamesen zu sorgen. In dem Bericht werden die Boat People als „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet. Inzwischen wurde publik, daß Howe vergangene Woche mit dem vietnamesischen Außenminister Nguyen Co Tach vereinbare, 90 Prozent der Boat Pople von Hongkong nach Vietnam auszuweisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen