Face-Lifting Teil Drei

■ Senator Kunick versiegelte den Grasmarkt

Die letzte Stöckel-Schuh-freie Zone in Bremens Puppenstube hat ausgedient. Das alte Kopfsteinpflaster, mit Sand verfugt, war im Laufe der Zeit zur Absatzfalle geworden. Schuld waren die Kehrmaschinen des Amtes für Stadtentwässerung und Abfallwirtschaft, die bei der Gassenreinigung eine so starke Saugkraft entwickelten, daß weder Sand

noch Strand zwischen dem Pflaster eine lange Lebenschance hatten. So mußte die Baubehörde auf Abhilfe sinnen und zwischen städtebaulicher Ästhetik und dem Wohlbefinden der Stöckelschuh-Gemeinde abwägen.

Nach dem Abschluß der sechzehnwöchigen Bauarbeiten, dem Setzen des letzten Pflastersteins durch Bausenator Kunick am gestrigen Montag und verbauten 1,9 Millionen Mark läßt sich resumieren: Die Schönheits-Operation hat sich gelohnt. Früher sah man vor lauter Kabel den Dom nicht mehr, heute ist der Blick vom Markt auf die schnuckeligen Prunkstücke Oberleitungs-ungetrübt. Die Straßenbahnschienen, vorschnelles Grab so mancher Fahrradfelge, mußten dem Diktat der Zweibeiner und Drahtesel weichen. Aus Porphyr, einem sehr speziellen, ein wenig rötlich schimmernden Granitstein (der Duden behauptet gemeinerweise, es wäre schlichtes Lavagestein), wurde das Pflaster verlegt. Bei der Anlage des Platzes hielt man sich an die ursprüngliche Gestaltung; der Grasmarkt liegt, wer weiß das nicht, auf der Westflanke der Domdüne. Dünenabwärts gehts zum Roland.

Dieser mittelalterliche Zustand, darauf verwies die Pressestelle des Bausenators, ist nun wiederhergestellt. Imposant ist die Blick auf diese neue räumliche Komposition, diese rückhaltlose Historisierung besonders von jener Stelle vor der Bürgerschaft aus, die von unbekannten Sprayerinnen mit einem Hinweis versehen wurde, in welchen zeitlichen Abständen dort ein Vergewaltiger vorbeigeht und mit einem Aufruf zur Selbstjustiz endet.

Reklamationen über die Begehbarkeit des Grasmarktes dürfte es in naher Zukunft nicht mehr geben. Das neue Fugenmaterial, ein Spezialmörtel, ist Kehrmaschinen -Resistent und so hoch verfugt, daß die Nutznießer des früheren Zustandes, die Mini & Schnell Schuh-Reparatur -Dienste sich nach einem anderen Absatz-Schlachtfeld umsehen müssen.

Das Face-Lifting-Programm in Bremens „guter Stube“ wird übrigens fortgesetzt. In der vergangenen Woche hatte die Deputation für Stadtentwicklung grünes Licht für die Baumaßnahmen an der Westseite des Domshofes gegeben. Mit den Arbeiten wird noch im August begonnen.

Andreas Hoetzel