Elefanten Press wird Mieterschreck

■ Die „Elefanten“ als Miteigentümer des Hauses Oranienstraße 25 drehen dem Sozialprojekt AG-Bethanien die Luft ab / Die Alternative: 150prozentige Mieterhöhung oder Rausschmiß / Auch die anderen Mieter des Hauses sind „stinkesauer“ auf die neuen Eigentümer

„Nach 17 Jahren wieder zu Hause“, glückwünschten die Zeitungen in Berlin, als die Elefanten-Press-Galerie und ihr Verlag mitsamt dem Satiremagazin 'Titanic‘ Ende Mai neue Räume in der Kreuzberger Oranienstraße bezogen. Vor horrenden Mietsteigerungen im alten Domizil Zossenerstraße waren die „Elefanten“ nach SO36 geflüchtet und hatten dort zusammen mit finanzkräftigen Freunden für 2,5 Millionen gleich ein ganzes Haus gekauft. Nur, seit die neue Eigentümergemeinschaft in der Oranienstraße 25 residiert, fühlen sich die alten Mieter dort überhaupt nicht mehr zu Hause.

Innerhalb weniger Wochen haben sich die „Elefanten“, denen das Haus zu einem Drittel gehört, als Nachbarn und Miteigentümer unbeliebt gemacht. Die übrigen Mieter - fast alles soziale und künstlerische Projekte - berichten von „ständigen Schikanen“ und sprechen von „Blockwartattitüden“ und „unsozialem Verhalten“.

Ihre Vermutung: die neuen Eigentümer wollen das ganze Haus für sich haben, und einiges spricht für diese Befürchtung. Im Erdgeschoß, wo jetzt die Galerie ausstellt, wurde eine langanhängige Räumungsklage gegen eine alteingesessene Druckerei vollstreckt, unterm Dach bekam das Filmprojekt „Hydra“ die fristlose Kündigung angedroht, weil die Miete ein paar Tage zu spät auf dem Konto der neuen Eigentümer lag, und Ende August soll die Ausbildungswerkstatt der AG -Bethanien aus ihrer 600 Quadratmeter großen Fabriketage raus, wenn sie nicht eine rund 150prozentige Mietsteigerung akzeptiert. Für das vom Senat geförderte Ausbildungsprojekt, in dem zur Zeit zehn Jugendliche eine Tischlerlehre machen, wäre das das finanzielle Aus.

Juristisch sind die neuen Eigentümer aus dem Schneider. Formal stammt die Kündigung nämlich noch von der Vorbesitzerin der Oranienstraße 25. Die hatte im vorigen Jahr den unbefristeten Mietvertrag zum 30.8. 1989 vorsorglich gekündigt, um mit der AG-Bethanien eine routinemäßige Mietanpassung vereinbaren zu können. „Ich bin gerne bereit, mit Ihnen einen neuen Mietvertrag abzuschließen“, hatte die Eigentümerin jedoch im selben Atemzug versichert. Was mit der alten Hausbesitzerin unproblematisch war, sollte bei den neuen Eigentümern mit dem linken Anspruch erst recht keine Schwierigkeiten bereiten, dachten die Leute von der Tischlerwerkstatt und rührten sich erst einmal nicht.

Mitte Mai baten sie den Verantwortlichen der Eigentümergemeinschaft, Paul-Georg Herrmann, schriftlich um einen Termin für die neuen Vertragsverhandlungen. Als der dann Ende Juni endlich zustande kam, unterbreitete Herrmann dem verdutzten Ausbildungsprojekt, er habe schon längst einen Vorvertrag mit einem anderen Mieter abgeschlossen. Er sei davon ausgegangen, die AG-Bethanien wolle aus der von ihnen genutzten Etage raus. „Da hat es uns erst einmal die Sprache verschlagen“, meint Stefan von der AG-Bethanien, „denn es war nie davon die Rede, daß wir den Vertrag nicht verlängern wollten.“

Abgesehen davon, daß das Projekt auf die schnelle gar keine geeigneten Gewerberäume in Kreuzberg finden könne, würde allein der Umzug samt Umbauten 250.000 Mark kosten. Rein juristisch, so räumt Paul-Georg Herrmann von der Eigentümergesellschaft rund um die „Elefanten“ ein, ließe sich der Rausschmiß abwenden. Aus dem Vorvertrag mit dem neuen Mietinteressenten käme er nämlich durchaus noch raus, „aber das muß ich ja auch wollen“. Doch wollen will er das bisher offenbar nicht, denn erstens habe es „Auseinandersetzungen in sehr unfreundlichem Ton“ mit den Tischlern gegeben und zweitens würden die neuen Mieter 10 Mark pro Quadratmeter kalt auf den Tisch legen, während die AG-Bethanien bisher nur 3,90 zahlt.

An einem Mietpreis von 10 Mark pro Quadratmeter will Herrmann sich auch orientieren, wenn er am kommenden Donnerstag mit dem Ausbildungsprojekt zu einem entscheidenden Verhandlungsgespräch zusammentrifft. „über eine Mark mehr oder weniger laß ich ja mit mir reden.“ Darunter aber laufe nichts. Das Haus - vor kurzem noch von Elefanten-Press -Geschäftsführer Erik Weihönig als „gut in Schuß“ gelobt sei nämlich „eine marode Kiste“. Um das Haus instand setzen zu können, stünden auch den anderen Mietern ähnliche Mieterhöhungen bevor, wenn - wie etwa beim türkischen Frauenprojekt „Akarsu“ - die Verträge in zwei bis drei Jahren vorerst auslaufen.

Über eine zehn- bis 15prozentige Mietsteigerung würde die AG-Bethanien mit sich reden lassen. Aber eine 150prozentige Mieterhöhung sei nicht verkraftbar. Miete und laufende Unkosten muß das Tischlereiprojekt ausschließlich aus den Einnahmen bezahlen, die mit den eigenen Produkten erwirtschaftet werden. Um die von den neuen Besitzern geforderte neue Miete bezahlen zu können, müßten diese Einnahmen verdoppelt werden. Paul-Georg Herrmann hat für diese Unmöglichkeit ein Patentrezept: „Wenn das ein vom Senat anerkanntes Projekt ist, dann muß das Land Berlin eben ein bißchen mehr fördern.“

Vera Gaserow