: abschied vom exil
Christian Cortes las am Mittwoch auf der Breminale ■ „ich gehe wie ich kam“
lasse die lichter entzündet
in dem koffer der mein heim war
ich warte nicht mehr
kein willkommen. irgend einleben
immer die ganze erde immer.
bei jedem halt schlägt jeder wurzeln
kein ort ist für immer fern
werden die zöllner mir den regen gestatten?
die leute in bremen
kauen die wurst täglich auf sternen
lili marlene pißt in einen bombentrichter
auf einem geliehenen Fahhrad kauernd blättere ich in meinem Paß
weil ich mir angewöhnt habe, verdammt, zurückzuschauen
säugetier zweibeinig und amphibisch
ich werde nicht mehr auf den briefträger warten
unbezahlt bleiben die rechnungen fürs telefon
ohne jede erinnerung bin ich nirgendwo geboren
auf einem dunklen blatt der artischocke
ich verkünde nichts
kommen ist meine art der ankunft
um keines glaubens willen
sondern wegen des viehischen eigensinns
und wenn es bloß das stehen an der straßenecke ist
in der asche auf dieser seite
verrichte ich weiter den takt der hoffnung
die weser mündet im moor
während ich vom Schlamm mich nähre
und zusammengekauert in diesem krater
all meine erde verdaue auf dieser flanke
an diesem silbernen ufer meines mondes
„Ich will wieder heim in mein Gedicht“ (Max Hermann
Neisse).
Nach zwölf Jahren Exil in der BRD geht Christian Cortes, chilenischer Autor, im Herbst wieder in seine Heimat zurück. „abschied vom exil“ ist sein letztes, bisher unveröffentlichtes Bremer Gedicht. Es ist Freunden gewidmet. Wieder ein Abschied im Breminale-Programm.
Cortes hat am Mittwoch im Breminale-Zelt „Magazin“ gelesen. ta
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