: Kein revolutionäres Hobby-betr.: "Buntes Völkchen: großartig!", taz vom 26.6.89
betr.: „Buntes Völkchen: großartig!“, taz vom 26.6.89
Als betroffener Mitarbeiter eines kleinen soziokulturellen Zentrums in Schopfheim in der südbadischen Provinz frage ich: Was soll das? Ich bin auch Vater, spiele in einer Band, die mal Spritkohle und ein bißchen mehr verlangt und arbeite in einem Kultur-Cafe, wo wir versuchen, einen Freiraum für weitgehend non-kommerzielle Kultur mit politischem Anspruch zu schaffen: so bin ich nun also sehr anständig, korrumpiert und den gemeinen hinterlistigen Plänen von BIG MAC Helmut Kohl und GenossInnen auf den Leim gegangen?
Unser Kultur-Cafe ist weitgehend aus dem finanziellen Nichts entstanden, nach über einem Jahr zähem, nervenden Gerangel mit KommunalpolitikerInnen (CDU/FWV-Mehrheit im Gemeinderat). Letztlich haben wir den geforderten Verein gegründet und die geforderten Räume plus Zuschüsse dann auch bekommen.
Hätten wir Räume und Zuschuß ablehnen sollen, und soll die (R)Evolution weiterhin nur im Hirn stattfinden? Ich veranstalte meine Kultur lieber selber, als daß ich sie dem Staat überlasse, der oft auch gar nichts davon versteht.
Und wenn ich diese Arbeit gut machen will, dann ist sie so aufwendig, daß ich davon leben können muß. Soziokulturelle Arbeit kann nicht als revolutionäres Hobby selbstausbeuterisch nach Feierabend getan werden.
Michael Bittl, Maulburg
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