K O M M E N T A R Liebe Nicht-Verkäuferin

■ Sprechen Sie doch mal eine Verkäuferin

Liebe taz-LeserIn, die Sie zu 99 Prozent keine Verkäuferin sind. Die Sie von italienischen Flanierverhältnissen träumen, davon daß die Obernstraße an schönen Sommer -Dienstleistungsabenden fast so belebt sein könnte wie die Osterdeichwiesen zur Breminalezeit. Und die Sie sich mindestens einmal pro Woche maßlos ärgern, wenn Sie's bis 18 Uhr wieder nicht geschafft haben, Brot und Milch fürs Frühstück zu besorgen. Liebe Nicht-Verkäuferin, die Sie in diesen Tagen gerne über die sturen deutschen Gewerkschaften lästern, weil sie sich einem Stückchen mehr südländischer Lebensqualität versperren:

Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Fragen Sie die Karstadt -Verkäuferin einmal nicht nur: „Wo gibts das englische Parfum aus dem Angebot?“ Oder: „Ist das T-Shirt wirklich farbecht?“ Fragen Sie die Verkäuferin doch mal danach, wer es sein wird, die sich an den langen Dienstleistungsabenden die Beine in den Bauch stehen muß und warum sie ganz und gar nicht motiviert ist, nachts um 23 Uhr von der Bushaltestelle nach Hause gehen zu müssen. Die Gewerkschaften machen Ihnen heute wieder das Ansprechen leicht, die Frauen stehen spätestens ab neun Uhr vor dem Kaufhaus Streikposten.

Barbara Debus