Maxwell greift zur proletarischen Sachertorte

■ Östterreichs 'Arbeiterzeitung‘ an Medienmulti verscherbelt

Rechtzeitig zum großen Jubiläum - am 12.Juli wird sie 100 wollen die österreichischen Sozialdemokraten ihre 'Arbeiterzeitung‘ ('AZ‘) privatisieren.

Nach langem Leid, viel Diskussion und Häme wird die Tageseitung - bis dato im Besitz der Sozialistischen Partei

-vom Medientycoon Maxwell (45 Prozent) und dem Wiener Verlagsbesitzer Hans Schmidt (45 Prozent) weitergeführt werden.

Stolze zehn Prozent bleiben der Partei.

Neben seiner Freundschaft zu Kanzler Franz Vranitzky (SP) besitzt Schmidt den Metro-Verlag, der unter anderem das Zeitgeistblatt 'Wiener‘ herausgibt. Vielversprechenden Zugang zur Werbewirtschaft bringt der rege Macher mit ins neue Unternehmen: Er ist Geschäftsführer der internationalen Werbeagentur GGK.

Robert Maxwell ist neben Berlusconi, Murdoch und Kirch einer der großen europäischen Zeitungszaren. Der ehemalige Labour-Abgeordnete im brtitischen Unterhaus war später maßgebend an der Zerschlagung der britischen Druckergewerkschaft beteiligt. Er und Murdoch verlegten die Produktionsstätten ihrer Massenblätter von der Londoner Fleet-Street an den Rand der Millionenstadt, in die Docks, zur Freude Frau Thatchers und ihrer Parteigenossen.

SPÖ-Zentralsekretär Marizzi ist beauftragt, den Vertrag alsbald im Namen der Partei zu unterzeichnen. Damit stehen der 'AZ'-Redaktion einige Umstrukturierungen ins Haus: Chefredakteur Manfred Scheuch wird sich zur Ruhe setzen, das Blatt dem steigenden Konkurrenzdruck angepaßt; sprich: boulevardisiert werden. Ein Redakteur: „Wir hoffen, daß es nicht schlimm wird, aber wir können uns ja auch wehren.“

Das muntere Engagement ausländischen Kapitals am österreichischen Medienmarkt macht Sinn. Neben der 'WAZ‘, Springer un dem Otto-Bauer Verlag ist mit Maxwell erstmals ein Nicht-BRD-Unternehmen vertreten.

Neben kräftigen Wachstrumsraten im Werbesektor verspricht die Verlagsbeteiligung Zugang zum österreichischen elektronischen Medienbereich, dessen Deregulierung jetzt voll einsetzt. Ebenso als Basis für Ostgeschäfte (vor allem Ungarn) ist die geograhische Lage Österreichs reizvoll.

Welche redaktionelle Linie die ehemalige Zeitung einer ehemaligen Arbeiterbewegung verfolgen wird, ist der Redaktion noch unbekannt. Wünschen würde sie sich ein „links -liberales Blastt“ und „viel Geld“. Nun, der englische 'Mirror‘ und der 'Wiener‘ sprechen zumindest für uns davon.

Karl Lind