: Das ganze Inventar
■ „Silber und Salz“, frühe Fotografien in Köln
Silber und Salz, das sind die Ingredienzien einer alchimistischen Küche namens Fotografie. Silber und Salz heißt auch eine materialträchtige Ausstellung des Agfa-Foto -Historamas, die jetzt in der Josef-Haubrich-Kunsthalle in Köln gezeigt wird - später dann in München und Hamburg. Die Ausstellung dokumentiert die „Frühzeit der Photographie im deutschen Sprachraum 1839-1860“, zeigt also, wie die neue Bildertechnik in Deutschland, wo sie nicht erfunden wurde, flugs übernommen wurde für fast jede denkbare Nutzanwendung: für das bürgerliche Porträt, die „ethnologische“ Forschung, die Archivierung von Kunsthandwerk und die Reproduktion von Kunst, für die Pornographie und die Architektur.
Allerdings ist die Bestandsaufnahme etwas massiv geraten, man verläuft sich zwischen den etwas einfältig hergerichteten Vitrinen. So ist das beeindruckendste Objekt der Show kein Original - wie die vielen, zum Teil wirklich magischen Daguerreotypen - sondern die Reproduktion einer solchen Daguerreotype, auf Plakatwandgröße gebracht: ein krudes, von Hand gefärbtes Bild eines Charles Winter: Interieur seines Ateliers, Straßburg, um 1850. Das ganze imgaginäre Inventar des 19.Jahrhunderts, von der Laokoonskulptur über die obligatorische Staffelei bis zu exotischen Instrumenten, stürzt hier ineinander.
Auch beim Katalog - drei Kilogramm - haben sich die Macher von der Fülle ihrer Quellen ertränken lassen und mit mehr als 30 Textbeiträgen (zu einem doch recht begrenzten Thema) die Lesebereitschaft des Publiums klar überschätzt. So muß man schon eifrig blättern, um zwischen ausschweifender Fotografenbiographik Beiträge zu finden wie den eigenartig montierten Essay von Reinhard Matz (wir bringen einen kurzen Auszug) oder das fein recherchierte Skript von Rolf Sachsse zu den vielen vergangenen Geburtstagsfeiern der Fotografie. Erfreulich ist, daß dabei die Selbstdarstellung der Firma Agfa im 100.Jubiläumsjahr der Fotografie, 1939, nicht ausgespart bleibt.
Ulf Erdmann Ziegler
Bis 23.Juli 1989, Katalog 58 Mark
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