: Aktionärs-Aktion gegen BLG-Geschäft
■ Hauptversammlung der Lagerhaus-Gesellschaft: Kritische Anteilseigner interessierte Plutonium statt Dividende
Es gibt zwei Sorten Aktionäre, dies zumindest war gestern von Herrn Aktionärsvertreter Bernd Günter zu lernen: Da gibt es die „dividendengierigen“, zu welchen er sich selber freimütig rechnete, und da sind die „Gelegenheits- und Politaktionäre“, welche den Betrieb aufhalten. Und früher, als es noch nicht diese „Politaktionäre“ mit ihren kümmerlichen 50-Marks-Aktien gab, da dauerte eine Hauptversammlung bei der „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“ eine halbe Stunde. Die reichte auch völlig aus, damit die 74 bis 114 Aktionäre ihren Arm zum Abstimmen heben konnten. Gestern mußten die hanseatischen Wirtschaftsherren und vereinzelten -damen sich aber wieder einmal zweieinhalb Stunden gedulden, weil vier - wie sie sich selber nennen „Kritische Aktionäre“ unbedingt über so unschöne Dinge wie „Plutonium“ oder „völkerrechtswidrig abgebautes Namibia -Uran“ reden
wollten. Der redselige Hamburger Vermögensverwalter Bernd Günter sagte den vieren: „Wir leben in einer Demokratie. Wir ertragen ihre Meinung. Aber wir ertragen sie nicht gerne“.
Die Herren vom Vorstand konnten den „dividendengierigen“ AktionärInnen mitteilen, daß das Geschäftsjahr 1988 „durchaus befriedigend“ verlaufen und deshalb die Dividende wieder von 6 auf 8 Prozent erhöht worden ist. Die BLG gehört zu 50,4 Prozent dem Bremer Senat, die restlichen Aktien teilen sich Banken, Betriebe sowie Privatpersonen. 1988 hat die BLG ihren Umschlag auf über 17 Millionen Tonnen gesteigert, wobei in Bremerhaven mittlerweile doppelt soviel verladen wird wie in Bremen. Hier machen vor allem Container -und Bananenschiffe sowie Autocarrier fest.
Die „kritischen Aktionäre“ waren die einzigen im Saal, die Vorstand und Aufsichtsrat nicht
entlasten wollten. 1988 hatte die BLG im Gegensatz zu 1987 zwar kein Namibia-Uran umgeschlagen - aber aus dem schlichten Grund, daß ihr keines angeboten worden war. Thorsten Maas erinnerte daran, daß der Hafensenator und Aufsichtsrat Konrad Kunick am im Juni 1988 versprochen hatte, sich dafür einzusetzen, daß grundsätzlich kein Namibia-Uran mehr über die BLG verladen würde. Kunick hatte im Februar ein bestelltes Rechtsgutachten des Uni -Professoren Manfred Hinz erhalten, das diese Absichtserklärung rechtlich untermauerte. Eine bindende Entscheidung in der BLG hatte der vollmundige Kunick aber nicht herbeigeführt. Seitens der BLG wurde dem kritischen Aktionär Maas nur angedeutet: „So alt wie der Begriff Gutachten ist der Begriff Gegengutachten.“ Weitere kritische Nachfragen gab es zu der Multisensorplattform der Firma MBB und den Militärlastwagen von
Daimler-Benz, die - illegal über Bremer Häfen exportiert für bundesweite Schlagzeilen gesorgt hatten. Auch hatten die Kritiker Informationen, daß die Bremer Firma Gestra sich als Zulieferin für die Chemiefabrik im libyschen Rabta betätigt hatte. Die Vorstandsherren erklärten sich für gänzlich unifomiert, was diese illegalen Dinge anbelange, aber schließlich sei ja auch nicht alles stimmig, was die Presse so berichte. Nein, von Politik wollten die geduldig stillsitzenden AktionärInnen nichts wissen. Erst die Schlußrede des Aufsichtsratsvorsitzenden Berghöfer machte klar, daß es da Einschränkungen gibt. Er appellierte „an die Politik“, endlich LKW-Transporte in deutschen Landen zu verbilligen: „Wir wollen Liberte im grenzüberschreitenden Verkehr, Egalite bei der tariflichen Gleichstellung und Fraternite mit unseren Kunden und unseren Mitarbeitern.“
B.D.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen