Unfall oder Übung?

■ Wieder ein Zwischenfall mit einem sowjetischen Atom-U-Boot

Berlin (taz) - Zum dritten Mal innerhalb von knapp vier Monaten hat es vor der nordnorwegischen Küste einen Unfall mit einem sowjetischen Atom-U-Boot gegeben. Die norwegische Luftwaffe entdeckte am Sonntag nachmittag ein U-Boot der „Alfa„-Klasse etwa 120 Kilometer vor der Küste Norwegens. Aus dem Turm drang dicker Rauch, mehrere sowjetische Hilfsschiffe lagen bereits bei dem havarierten Boot und nahmen dies später in Schlepp.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums teilte mit, die Lage sei nicht dramatisch. Trotzdem reagierte die Regierung in Oslo scharf und schnell. Außenminister Stoltenberg: „Der Unfall selbst scheint der am wenigsten dramatische der letzten Monate zu sein. Was jedoch die Beziehungen Norwegens zur Sowjetunion angeht, ist er der schwerwiegendste. Es ist das dritte Mal, daß wir trotz vorausgegangener Proteste von den Sowjets nicht informiert werden.“ Auch der noch am Sonntag abend ins Außenministerium zitierte sowjetische Botschafter zeigte sich betroffen: Falls die Informationen von der norwegischen Regierung zutreffend seien, habe er selbst zum dritten Mal erst von den Norwegern die ersten Informationen über einen Unfall auf einem Atom-U-Boot seines Landes vor der norwegischen Küste erhalten.

Am Montag wurde von sowjetischer Seite verbreitet, tatsächlich habe es keinen Brand gegeben. Der von der norwegischen Luftwaffe beobachtete Vorfall sei Bestandteil einer militärischen Übung gewesen. Das norwegische Verteidigungsministerium wies diese Behauptungen zunächst zurück: Es habe sich eindeutig um einen Unfall gehandelt. Erst später wurde Moskaus Erklärung offiziell akzeptiert. „Wir müssen das glauben. Norwegen nimmt es zur Kenntnis“, sagte ein Sprecher des Außenamts.

Die sowjetischen Atom-U-Boote der „Alfa„-Klasse sind mit zwei Atomreaktoren ausgestattet. Es sind moderne, schnelle Boote, die besonders tief tauchen können. Sie sind mit Raketen bewaffnet, die auch Atomsprengköpfe tragen können.

Reinhard Wolff