: „Immer noch Probleme bei der Verifikation“
Botschafter Max Friedersdorf, Delegationsleiter der USA bei den Genfer Chemiewaffenverhandlungen ■ I N T E R V I E W
taz: Können Sie den Bericht der US-Tageszeitung 'New York Times‘ vom Dienstag bestätigen, wonach USA und UdSSR einen „größeren Durchbruch“ bei ihren bilateralen Gesprächen über ein Chemiewaffenverbot erreicht haben?
Max Friedersdorf: Nein. „Größerer Durchbruch“ - das ist stark übertrieben und voreilig.
Wo liegen die Schwierigkeiten?
Es gibt immer noch Probleme bei der Verifikation. Wir haben in dieser Frage, die das Kernstück eines Vertrags ist, immer noch keine Vereinbarung erzielt.
Wird es einen Vertrag noch dieses Jahr geben?
Oh nein, ich wäre sehr überrascht, wenn wir noch dieses Jahr einen Vertragsabschluß erreichten. Nicht einmal die optimistischste Delegation am Verhandlungstisch dürfte einen Vertrag noch in diesem Jahr erwarten - das ist unmöglich.
Was haben USA und UdSSR dann tatsächlich erreicht in den bilateralen Gesprächen?
Wir haben im Prinzip eine Vereinbarung über die Reihenfolge bei der Zerstörung. Die Zerstörung soll innerhalb von zehn Jahren nach Vertragsabschluß erfolgen. Nach bereits acht Jahren sollen alle C-Waffenstaaten ihre Bestände auf dasselbe Niveau abgebaut haben. Details in diesem Problembereich müssen aber noch ausgearbeitet werden. Es gibt ebenfalls im Prinzip eine Vereinbarung über den Datenaustausch. Hier muß noch Verständigung über den genauen Zeitrahmen (Beginn des Austauschs, d.Red.), eine fundamental wichtige Frage, erzielt werden. Drittens gibt es eine Vereinbarung über die Durchführung von Verdachtskontrollen. Alle diese Vereinbarungen, denen die Genfer Delegationen von USA und UdSSR im Prinzip und vorläufig zugestimmt haben, werden in Washington derzeit geprüft und müssen dort das Okay erhalten.
Wann ist mit dem Okay zu rechnen?
Das könnte noch einige Wochen dauern.
Wenn das Okay vorliegt und die Vereinbarungen den anderen 38 Staaten der Abrüstungskonferenz zugeleitet wurden: Von wem erwarten sie dann noch Probleme, wo doch davon auszugehen ist, daß die Nato- und Warschauer-Pakt-Staaten ihren jeweiligen Großmächten folgen?
Ich rechne damit, daß es Probleme bei der Verifikation seitens der neutralen und blockfreien Staaten geben wird.
Interview: Andreas Zumach
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