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Gut gestreikt - nett gefeiert

■ HBV lud zur Nachstreik-Fete ins Cafe Sand

„Der schönste Kuß ist der nach 18.30“ steht auf einem großen Transparent an der Bühne, auf der die Van Dalen bemüht Satirisches zu bekannten Melodien darbieten. Eine gewagte These, zweifelsohne, doch zweifellos ein Grund zum Feiern für die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung. Haben doch Gewerkschaftsleitung, und vor allem die streikbereiten Mitglieder im nun beendeten Arbeitskampf fast sichergestellt, daß Bremens VerkäuferInnen auch künftig pünktlich nach 18.30 Uhr mit dem Küssen beginnen können.

Also hatte die HBV die 1.000 Mitglieder, die im Mai und Juni zum ersten Mal in der Bremer Geschichte des Einzelhandels gestreikt hatten, am Samstag abend zum Fest ins Cafe Sand an den Weserstrand geladen. Gewerkschaftssekretär Helmut Thiel, immer noch geradezu euphorisiert vom „Frauenstreik“ und dem

„bestem Tarifvertrag, der in der Bundesrepublik ausgehandelt wurde“, stand am Eingang und vergab an die geladenen Gäste kleine Schuhe, auf denen noch einmal stand, was die HBV glaubt, nun gesichert zu haben: „Ladenschluß 18.30 und keinen Schritt weiter.“ Das Beste an der Parole an diesem schwülen Abend: Ans Rever gesteckt berechtigte der Sticker Bier, Wein oder Sekt zum Super-Sonderpreis von einer Mark das Glas zu ordern.

Nicht nur beim Streik, auch beim Tanz sind eindeutig die Frauen in der Mehrzahl, derweil sich die Männer in größeren Mengen vor den Biertresen scharren. Ein schöner Abend, ein nettes Fest nur bei der Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen bleibt eins auch bis 2.30 die seltene Ausnahme: Der Kuß nach Ladenschluß.

kvr

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