: Vorsorge für den Tod
■ Bestattungsinstitute bieten Vorsorge-Beratung : Die eigene Beerdigung planen
„Bestattungsvorsorge“ - das Schild im Schaufenster zieht magisch meinen Blick auf sich. Im Fenster nebenan blicken Marienfiguren und Engel, schmückende Denkmäler in friedlichen Gräberlandschaften, von Schwarz-Weiß -Fotografien. „Vorsorge?“
-hat die allseits versorgte, versicherte, verantwortung -delegierende Konsumgesellschaft hier ein neues Marktsegment geschaffen? Oder nur eine Marktlücke entdeckt im manchmal zweifelhaften Geschäft mit dem Tod?
Über weichen Teppichboden
wie auf Wolken werde ich an einem plätschernden Zimmerbrunnen vorbei ins Konferenzzimmer geführt. In dicken Ledersesseln geben sie bereitwillig und freundlich Auskunft: Margarete Breiling, Nachfahrin der Firmengründer von „Schomaker Bestattungen“, und Ehemann Peter, im gediegenen blauen Zwirn, der vor allem Ruhe, Vertrauen und Seriosität ausstrahlt.
Auf mein Befremden gegenüber dem Werbeschild „Bestattungsvorsorge“ fragt er zurück: ob nicht eher die Schaufenster mit Särgen und Kränzen in anderen Städten befremden? Zugegeben, hier bleiben Kataloge und Anschauungsstücke mit diversen Sterbeutensilien dezent verborgen. Und die Vorsorge, die sei nicht Geldmacherei sondern ein ernstzunehmendes Angebot, was auf gesellschaftliche Veränderungen reagiere.
„Die Zeiten, in denen der Nachbar zur Rechten für Hochzeiten, der Nachbar zur Linken für Beerdigungen zuständig war, sind doch endgültig vorbei.“ Margarete Breiling schildert ihre Kundschaft: „Gerade hier in der Stadt leben doch immer mehr alleinstehende Menschen oder Alte, deren Kinder weit entfernt und
weit verstreut leben.“ Gerade sie träfen mit zunehmendem Alter auch Vorsorge für ihren Tod: um ihren Verwandten unangenehme Dinge abzunehmen. Aber auch, weil sie mit zunehmendem Alter den Tod in ihren Alltag einbeziehen und oft ganz konkrete Vorstellungen entwickeln. „Manch einer sucht sich nicht nur sein Bestattungsunternehmen und die Grabstätte, sondern selbst den Sarg aus,“ berichtet Frau Breiling.
Und Ehemann Peter ergänzt: „Wir erleben immer häufiger, daß nicht nur die entfernteren Verwandten mit Tod und Bestattungsfragen nichts zu tun haben wollen. Die wenigsten wissen von ihren Tanten oder Onkeln, ob sie verbrannt oder erdbestattet werden wollen. Und wenn's ans Geld geht, dann wird es ganz heikel.“
Sein Institut versucht dem gesellschaftlichen und familiären Tabuthema deshalb die vorsorgliche Beratung entgegenzuhalten. Besonders, seitdem das Gesundheitsreformgesetz das Sterbegeld von über 4.000 auf 2.100 Mark gekürzt, und neuen Kassenmitgliedern sogar ganz gestrichen hat.
ra
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