: Baunutzungsverordnung wird korrigiert
■ Baden-Württemberg will Konsequenzen aus den Mannheimer Urteilen zu Pflegeheimen und Unterkünften für Asylbewerber ziehen / Bauvorschriften sollen geändert werden
Stuttgart (ap) - Baden-Württemberg will nach der Sommerpause im Bundesrat auf eine Änderung der Baunutzungsverordnung dringen und damit die Konsequenz aus zwei Urteilen des Verwaltungsgerichtshofes des Landes in Mannheim ziehen, die jüngst für bundesweites Aufsehen gesorgt hatten. Das Gericht hatte den Bau von Altenpflegeheimen und von Unterkünften für Asylbewerber in reinen Wohngebieten untersagt.
„Es ist ein Skandal, daß diese Urteile als skandalös bezeichnet wurden“, sagte Hansjörg Rist vom Stuttgarter Innenministerium am Montag in einem 'ap'-Gespräch. Die Verwaltungsrichter hätten ihre Beschlüsse nach geltendem Recht getroffen. Der Leiter des Referates Städtebau und Planungsrecht kündigte an, das Land werde vorschlagen, daß soziale, kirchliche, kulturelle und sportliche Einrichtungen künftig in Ausnahmefällen auch in Gebieten mit reiner Wohnbebauung zugelassen werden sollten. Er gehe davon aus, daß der Vorstoß dieses Mal von den anderen Bundesländern unterstützt werde.
Nach der geltenden Verordnung werden neue Baugebiete in elf Typen eingeteilt. Die reinen Wohngebiete haben dabei „ausschließlich“ dem Wohnen zu dienen. Schon eine Gaststätte, ein Kindergarten oder eine Tankstelle ist unzulässig. Anders ist die Lage in allgemeinen Wohngebieten: Sie müssen zwar „vorwiegend“ für Wohnzwecke genutzt werden, Ausnahmen sind jedoch möglich. Rist sagte, die Landesregierung habe bereits 1987 einen ähnlichen Antrag auf Änderung der seit 1962 geltenden Verordnung eingebracht. Damals sei der Vorstoß mit dem Hinweis auf eine ohnehin vom Bund geplante Gesetzesnovellierung nicht weiter verfolgt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte Anfang Juli entschieden, daß ein Altenpflegeheim, das ein privater Investor im nordbadischen Ladenburg errichten wollte, nicht ausschließlich dem Wohnen diene und damit kein Wohngebäude sei. Damit widerspreche das Vorhaben dem Bebauungsplan, der ein reines Wohngebiet ausweise. In einem zweiten Beschluß wurde der Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft der Stadt Stuttgart dann Ende Juli untersagt, in einem Neubau, der ebenfalls in einem reinen Wohngebiet liegen sollte, sechs von zwölf Sozialmietwohnungen speziell für Asylbewerber vorzusehen.
Die Richtersprüche hätten gezeigt, daß eine möglichst rasche Änderung der Baunutzungsverordnung notwendig sei, sagte Rist und plädierte für eine Inkraftsetzung bereits zum 1. Januar 1990. Nach den vorliegenden Urteilen sei davon auszugehen, daß in naher Zukunft auch Aussiedlerbehausungen, Kinderhorte, Sportplätze, Abendschulen oder Sozialstationen betroffen sein könnten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen