: TAMTAMTAM UND ZWEI, DREI LEUTE
■ Mutmaßungen über eine ungewöhnliche Ausstellungseröffnung
Ein Buch wird vorgestellt, und langes, breites Bildwerk gelangt zur Betrachtung. Eröffnung: morgen mit TamTamTam, dreiteilig, adäquat den 19 Triptychen von HERMANN THEIS. Den großzügigen Rahmen liefert bewährter HöhlRaum, die Katakomben in der Monumentenstraße 64 zu Berlin -Schöneberg.
„Ich schulde dir“, liest der Fantasiebegabte den Titel, auf gut internationalistisch: I O U - siehe auch ToilettenHeadline „4 U 2 P“. OK? Das Werk bereits grüßt als TriTrip eigenständig zusammenhängender Blöcke; „expertrimentell“ mags der verjoycte LiteraturSchmidt nennen. Bisweilen fliehen Zeilen die Form, wenn sie gleich „Finken pinken gellend und tridoppelschlagen gemeiner Natur und schöner Seele nach“. Gedröselt witzig Wortzerdrehung, baumeln phonetische Zöpf in den Grenzbereich reichen Dichterworts, durch Dezennien&Säkula. Manches Privatissimo bleibt verschlossen im Gehäus, dennoch dringt oft Hieronymi Lache ins Off, unbemeistert ob mannigfaltig Fug&Unfug.
Zwei, drei Leute kennen ihn, den Verfasser MICHAEL CHRAPKOWSKI vom Conversationsstück Myja her, erschienen vor Jahren im - Gotthabihnselig - KULTuhr Verlag. Die also ahnens, denen schwant, was kömmt: „Er ist sehr begabt, seine Eier haben alle zween Dotter.“ In Hoch-, Mittel&Kiffteutonisch wird wohl „lustberedter Zunge“ megalomanisch Privatgelehrtentum durchs Gewölbe wölken. Und „MiCh“ sieht auf die zwei, drei Guten zur Rechten und auf Werweißwieviel zur Linken: „Du bist meines Geschmacks!“ läßt er Mython sagen. „Was besärg ich zuerst, wo tausend Leichen mir winken?“
Bevor das Programm beginnt - das könnt um Achte sein, vielleicht auch halber Neun, auf alle Fälle pünktlich - sind die raumgreifenden Tafelbider von Theis in Augenschein zu nehmen. Er, Leiter der Ausstellungs-, Veranstaltungs &Atelierräume Parade Reposte in der Hauptstraße, zeichnet/malt verantwortlich fürs farbig begleitende Öl in I O U. Ab 19 Uhr fungiert der ExKutschenkeller - vor Monden Heimstatt der DesignSchau Monumenta - als ausladender Rahmen für des Künstlers gegenstandsvolles Abstraktionstalent, eine kurze Woche nur, bis zum Freitag drauf.
Mit den hyperformatig wabernden Impulsen seines Innen baut der Autodidakt eine bildnerische Brücke zum Dritten im Bund. Eine seiner Tafeln ist ENNO P. GRAMBERG gewidmet, der als autovozierter „Dichter ohne Ehrgeiz“ hie weg-, da aufhorchen ließ. Wenn Zwei ihn schon bewundernd erhöhen, kann er, des Wahlspruch 23b lautet (halt, da stimmt was nicht! bei mir is's vierundsiebzigaverdammt. sezza), man bemühe sich redlich, stets unterhalb des eigenen Niveaus zu bleiben, so niedrig nit sein. Denn: auch durch I O U zieht sich - in freundlicher Schuldigkeit - manch wortgewaltiges EPG-Zitat. Mit ihm als extra-vertiertem Vortragskünstler sieht die KellerShow zu, daß sie Boden gewinnt. Und zwar möglichst jenen der TutSachen in WirrklichKleid; wirr kichernd wird sicher dem Triumphirat ein HeissaLight gesetzt werden.
„Volk, veschwinde!“ pflegt Gramberg bisweilen in den Zippelbart zu murmeln. Wird es willfahren? Dahin übern Damm, oder a priori verharren beim 10. Teil von „Fackeln im Sturm“? Auch dann wird das Fatum sich fügen, wie dereinst weise gesagt (vom E. Prophet G.): „Exzessives Schweigen echot an Wandähnlichem“! (ei verbitscht! verdutztes sezzlein sucht sein a vor lauter wOrtgEKlingEL und verifiziert gewirrt ego. sezz)
Norbert Tefelski
Sonntag, 13.8.1989, 19 Uhr, „Katakomben“, Monumentestraße 64, Berlin 62: Ausstellungs(sez)er(za)öffnung Hermann Theis, Lesung Michael Chrapkowski&Enno P. Gramberg. Bis 18.8.
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