Freiheitsberaubung

■ Französischer Genetiker vor US-Gericht: „Das Einfrieren von Embryonen unmenschlich“

Berlin (taz) - Embryos auf Dauer einzufrieren bedeute, „Menschenwesen im Frühstadium“ in ein Konzentrationslager zu stecken, wo sie der Freiheit, ja sogar der Zeitlichkeit beraubt seien. Diese Feststellung traf der französische Genetiker Jerome Lejeune, der als Sachverständiger zu dem spektakulären Embryo-Prozeß in Maryville im US-Staat Tennessee geladen war.

Wie die taz mehrfach berichtete, mußte sich das Gericht in dem Scheidungsprozeß Mary Sue gegen Junior Davis auch mit der Zukunft von sieben tiefgefrorenen Embryonen befassen, die zur Zeit in einem Labor lagern. Zu seinen besseren Zeiten hatte das Paar jahrelang vergeblich versucht, auf natürlichem Wege ein Kind zu zeugen. Als das mißlang, suchten die 28jährige Mary Sue und der 30jährige Junior Davis gentechnische Hilfe. Im Reagenzglas wurden zwar mehrfach Eier und Spermen der beiden zusammengebracht, doch eine Schwangerschaft per nachträglicher Einpflanzung in den Uterus von Mary Sue gelang bisher nicht.

Sieben Embryonen sind von diesen Versuchen übrig geblieben

-über sie hat das Paar vor Gericht gestritten. Junior Davis will die Kontrolle über seine Fortpflanzungsfähigkeit bewahren, und wehrt sich vehement dagegen, daß die Embryonen genutzt werden. Mary Sue will sich trotz der äußerst schmerzhaften Prozedur noch weitere der bereits angelegten Embryonen einpflanzen lassen. Seine Einwilligung in eine Vaterschaft habe ihr Exmann bereits gegeben, als die Embryonen für die Tiefkühltruhe angelegt wurden. Falls sie auf diesem Wege ein Baby bekommt, will Mary Sue auf Alimentenzahlungen seitens ihres Exmannes verzichten.

Der Embryo-Prozeß in Maryville, ein in der Justizgeschichte bisher einmaliger Fall, ging am Donnerstag abend zu Ende. Die Entscheidung des Gerichts wird in den nächsten 30 Tagen erwartet.

dora