: Zerstörte deutsche Kultur
■ Wenn elf bayerische Politiker eine Reise tun
München (taz) - „Bleibe im Lande und nähre dich redlich.“ Diese Volksweisheit hätten sich einige CSU-Politiker zu Herzen nehmen sollen. Statt dessen machte sich eine „Kulturpolitiker-Reisegruppe“ aus Bayern mit dem ehemaligen Wissenschaftsminister Wolfgang Wild als Delegationsleiter auf den Weg nach Namibia und Südafrika. Dort mußten die Herren überrascht feststellen, daß ihr Bayerisch zur Verständigung nicht ganz ausreicht. „Schon die Bestellung eines Drinks auf Englisch fiel einigen bayerischen Gästen schwer“, notierte der 'FAZ'-Korrespondent. Das soll sich jetzt ändern. Damit demnächst jeder Christsoziale auch in Namibia oder Südafrika problemlos seine Maß Bier bestellen kann, haben die zurückgekehrten Landtagsabgeordneten gleich einen Antrag im Landtag eingebracht. Die bayerische Staatsregierung soll endlich etwas zur „Förderung der deutschen Sprache und Kultur in Südafrika und Namibia“ unternehmen.
Damit das Bayerische im Ausland nicht zu kurz kommt, fordern die elf CSUler außerdem die Entsendung „bayerischer“ Lehrer an die „deutschen Schulen in Namibia und Südafrika“. Und weil sie sich über das Englisch ärgern mußten, verlangt der CSU-Abgeordnete Sieghard Rost auch gleich noch, daß „die Gewährung von Bundeszuschüssen an deutschen Schulen in der RSA und Namibia nicht von der Einführung eines Kurses in Englisch als Fremdsprache abhängig gemacht wird“. Grund: „Diese Maßnahme trägt nicht zur Erhaltung bzw. Förderung der deutschen Kultur bei, sondern zu deren Einengung bzw. Zerstörung.“
Voraussetzung für die Bundeszuschüsse ist jedoch nicht, wie die CSUler glauben, ein Englischkurs, sondern ein fremdsprachlicher Zweig, in dem das ganz Südafrika vertraute Englisch die Grundsprache ist. Damit soll verhindert werden, daß die weltweit geächtete Apartheid nicht auch noch an den mit Bundesmitteln unterstützten deutschen Schulen praktiziert wird. Dadurch nämlich können auch schwarze Kinder die deutschen Schulen besuchen. Das allerdings interessierte die CSU-Abgeordneten weniger.
lui
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