: Nichts wird euch geschenkt
Sam Nunn und John McCain (US-Senat) drohen Nato mit Truppenreduzierung ■ D O K U M E N T A T I O N
Die Zeit ist reif für einen neuen Konsens über die globale Verteidigung. Wir müssen eine Reihe neuer Abkommen im Atlantik und Pazifik aushandeln. Schließlich soll unsere strategische Präsenz in diesen Regionen gewährleistet bleiben. Andererseits muß aber auch eine fairere Verteilung der militärischen Lasten festgeklopft werden. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die USA ihre langfristigen strategischen Vorhaben erfüllt: Die sowjetische Expansion wurde eingedämmt, der Zugang zu den Weltmärkten und knappen Rohstoffen gesichert; die zerrütteten Systeme Westeuropas und Japans wiederaufgebaut. Doch die USA wurden Opfer ihres eigenen Erfolgs. Die Verhältnisse, die unsere Außenpolitik und Militärstrategie prägten, haben sich gewandelt. Die ökonomische Macht verlagerte sich in dramatischer Weise auf unsere wichtigsten Bündnispartner.
Trotz dieser Verschiebung tragen wir immer noch die größte Last bei den Verteidigungsausgaben. Daher hat auch der Streitkräfteausschuß im Senat eine Initiative in Richtung „Lastenteilung“ gestartet, die in eine Gesetzesvorlage floß, die vom Senat am 2. August verabschiedet wurde. Wesentliche Bestandteile: die Festlegung einer Höchstgrenze der amerikanischen Truppen innerhalb der Nato; ein Appell an Japan, seine eigenen Sicherheitsprogramme zu verstärken; und eine Direktive für den Präsidenten, einen Fünfjahresplan für die Militärpräsenz in Südkorea vorzubereiten.
Die Maßnahmen gegenüber der Nato verdienen dabei besondere Aufmerksamkeit: Jüngste Berichte besagen, daß einige unserer Verbündeten die Zahl ihrer Soldaten bedeutend kürzen wollen. Daß dadurch die Verhandlungsposition der Nato bei den Wiener Gesprächen über konventionelle Waffen aufgeweicht wird, müßte uns allen klar sein. Wir sagen unseren Alliierten daher: „Wenn ihr reduziert, dann werden wir nicht das Loch stopfen. Wir sind bereit, unseren jetzigen Beitrag zu leisten - mehr aber nicht. Wenn ihr Truppen reduziert, kürzen wir proportional.“
Einige monieren, wir sollten besser Führungskraft zeigen, anstatt zu reduzieren. Doch wenn unsere Verbündeten im Alleingang Kürzungen vornehmen, zeigt das, daß sie die konventionelle Verteidigung nicht ernst nehmen. Es zeigt uns auch, daß sie sich auf die Abschreckung eines nuklearen Erstschlags verlassen - eine Abschreckung, die jedoch mehr und mehr auseinanderbricht. Und das, wo unsere Herausforderung in Europa gerade ist, das Level westlicher Truppen beizubehalten, bis die Nato mit dem Warschauer Pakt zu beidseitigen Abrüstungen kommt. Die Situation in Asien sieht anders aus. Dort erfordert die Lage keine sofortige Truppenreduzierungen. Japan muß aber auch mehr finanzieren, und wir sollten über die Anzahl von US-Truppen in Südkorea nachdenken.
Sinn der jetzigen Senatsinitiative ist, eine stabile, faire und sichere Balance bei der Sicherung der freien Welt zu garantieren. Wir signalisieren unseren Freunden und Verbündeten, daß wir unseren fairen Anteil tragen werden, nicht aber die Last der anderen.
Dieser leicht gekürzte Kommentar erschien am 14.August in der 'Washington Post'; Sam Nunn (Demokratische Partei) und John McCain (Republikaner) arbeiten im Streitkräfteausschuß des Senats.
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