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Verfassungsschutzskandal in Schweden

Zehn Jahre lang wurden Schwedens Friedens- und Umweltgruppen bespitzelt / Anlaß für den Geheimdienst „Sepo“ war die angebliche Infiltration der „Bewegung“ durch östliche Nachrichtendienste / Auch die schwedischen Grünen wurden möglicherweise überwacht  ■  Aus Stockholm G. Pettersson

Was ein Mitte der 70er Jahre in den Westen übergelaufene Sowjetagent zu berichten hatte, schlug damals ein wie eine Bombe: Der sowjetische Geheimdienst KGB und andere östliche Nachrichtendienste hatten massiv versucht, die westliche Friedens- und Umweltbewewegung zu infiltrieren. Auch im neutralen Schweden klingelte es. Und die Sepo, der Geheimdienst der sozialistischen Monarchie, setzte sich unverzüglich auf die Fersen der Friedens- und Umweltbewegung. Zehn Jahre lang, bis ca. 1986, soll die Sepo die Bewegung und ihre Sprecher überwacht haben.

Am Dienstag, einen Tag nach Bekanntwerden der Bespitzelungsaffäre, forderte der Vorsitzende der schwedischen Umweltpartei „Miljöpartiet de Gröna“, Per Gahrton, Innenminister Johanssen in einer offiziellen Anfrage auf, darüber Auskunft zu erteilen, ob denn auch die Grünen „von der Sepo oder irgendeinem anderen Nachrichtendienst“ bespitzelt worden seien.

Angeblich sei die Sepo aufgrund von Informationen des westdeutschen Verfassungsschutzes aktiv geworden, der über personelle Verbindungen zwischen „anarchistischen Gruppen in Westdeutschland und ein paar Umweltaktivisten in Schweden“ berichtet habe. Auch das besondere Interesse von mit diplomatischen Weihen ausgestatteten und in der DDR -Botschaft von Stockholm agierenden Stasi-Leuten trieb die Sepo an. Angeblich hatte der Stasi den Spezialauftrag, die „schwedische Friedensbewegung zu bearbeiten“.

Als im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die deutsche Botschaft in Stockholm 1976 gegen den „Terroristen“ Norbert Kröcher ermittelt wurde, nahm die Sepo die Ermittlungsergebnisse in diesem Fall als Legitimation, ihr Beobachtungsfeld auf alternative Gruppierungen und umweltorientierte Protestgruppen generell auszudehnen. Und nicht nur das: Selbst der offizielle Umweltverband und führende Sprecher standen unter Bewachung. Ob Demonstrationen gegen Atomkraftwerke Ende der 70er Jahre, Hausbesetzungen in Stockholm oder das Ausprobieren alternativer Lebensformen - die Sepo und ihre Kameras waren immer dabei.

Herausgekommen ist bei den zehnjährigen Bespitzelungen nichts. Weder öffentliche Geldgeber noch geistige Infiltranten konnten gesichtet werden. Die Akten allerdings sind real existierend. Fakten über Personen sind dort im Computer gespeichert, wo die Ermittlungsdrähte für Terrorismus und Spionage zusammenlaufen. Es ist kein Geheimnis, daß dieser Computer jedes Mal dann befragt wird, wenn Top-Jobs in Unternehmen oder Verwaltungen zu besetzen sind. Lars Angström, der Vorsitzende der schwedischen Friedensbewegung, hat Staatschef Ingvar Carlsson aufgefordert, die schwedische Friedensbewegung „öffentlich reinzuwaschen und alle Akten offenzulegen“.

Daß die Sepo ihre Lust an der Friedensbewegung angeblich bereits 1986 verloren haben will, daran glaubt in Schweden niemand so richtig. Schließlich war es die Friedensbewegung, die die dunklen Machenschaften des schwedischen Waffenexportgeschäfts mit aufdeckte und eine öffentliche Kampagne darüber führte. Und dieses Kapitel ist noch lange nicht abgschlossen. Der Hauptprozeß im Waffenexportgeschäft -Skandal Bofors beginnt am 4. September in Stockholm.

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