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Albrecht beugt sich REP-Freund Vajen

Keine vorgezogenen Neuwahlen in Niedersachsen / Kurt Vajen will in der CDU bleiben, Ministerpräsident Albrecht mit seiner Stimme die Mehrheit sichern / Er braucht sich nicht mal klar von den „Republikanern“ zu distanzieren / Koalitionspartner FDP scheint's zufrieden  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

Gegen Neuwahlen in Niedersachsen und für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beinahe-„Republikaner“ Kurt Vajen haben sich Ministerpräsident Ernst Albrecht und die niedersächsische CDU-Fraktion entschieden. Der REP -Sympathisant und Landtagsabgeordnete Vajen darf ohne eine klare Distanzierung von der rechtsradikalen Partei weiterhin Mitglied der CDU-Fraktion in Hannover bleiben. Ernst Albrecht will seine Ein-Stimmen-Regierungsmehrheit bis zum Ende der regulären Legislaturperiode in Niedersachsen im Frühjahr 1990 auf den Wahlfälscher stützen.

Ministerpräsident Albrecht und der niedersächsische CDU -Fraktionsvorsitzende Jürgen Gansäuer konnten gestern in Hannover der Presse lediglich eine mit Vajen abgesprochene Erklärung präsentieren, die die entscheidende Frage des Übertritts des Wahlfälschers zu den „Republikanern“ offenläßt. Allerdings hat Vajen zugesichert, im Falle eines Übertritts sein Landtagsmandat niederzulegen.

In der ganze drei Sätze langen Erklärung, die Jürgen Gansäuer und der niedersächsische CDU Generalsekretär Hartwig Fischer am Donnerstag abend in einem dreistündigen Gespräch mit dem REP-Sympathisanten ausgehandelt hatten, betont Vajen, daß „er Abgeordneter der CDU im Landtag bleiben werde und sich nach wie vor den Grundsätzen der Union verpflichtet fühlt“. „Für den Fall allerdings, daß er sich anders entscheiden sollte, werde er selbstverständlich sein Landtagsmandat niederlegen“, heißt es in der Erklärung wörtlich. Vajens umstritten Äußerung, daß er „weitestgehend die politischen Ziele der Republikaner bejaht“, wird in den drei Sätzen nicht einmal erwähnt.

Trotz dieser vagen Stellungnahme behauptete Ministerpräsident Albrecht gestern vor der Presse, daß Vajen damit seine REP-freundlichen Äußerungen „klar widerrufen“ habe. Darüber hinaus sah Albrecht, „keinen Anlaß, wissenschaftlich festzustellen, wie es in der Seele von Herrn Vajen aussieht“. Für Albrecht sind nun „die Spekulationen über die Landtagsauflösung beendet“. Wahlen würden in Niedersachsen wie vorgesehen im Fortsetzung auf Seite 2

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kommenden Frühjahr stattfinden. Nach Aussage des CDU -Fraktionsvorsitzenden Gansäuer, hat ihm Wahlfälscher Vajen sein Wort darauf gegeben, daß im Falle eines Parteiwechsels sein Mandat niederlegen werde. Eine schriftliche Zusicherung über den Mandatsverzicht gebe es allerdings nicht.

Die niedersächsische FDP hat sich gestern mit der von Albrecht und Gansäuer präsentierten zweideutigen Vajen -Erklärung sofort zufriedengegeben. Die Freidemokraten, die nach tags zuvor von Vajen eine klare Distanzierung von „Republi

kanern“ verlangt hatten, bezeichneten seine Erklärung als „ausreichend“.

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Gehard Schröder hat sich Ernst Albrecht mit seinem Festhalten an Kurt Vajen faktisch als erster Ministerpräsident für eine schwarz-braune Regierungskoalation entschieden. Der stellvertretende CDU -Bundesvorsitzende Albrecht setze damit bundesweit das Signal für den wahren Kurs der Union, den Pakt mit den Rechtsradikalen, erklärte Schröder gestern. Für die Grüne Landtagsabgeordnete Thea Dückert „öffnet die faktische Schwarz-Bruan-Blaugelb-Koalition in Niedersachsen den Rechtsradikalen die Tür zum Landtag weit“.

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