Wohnungsschnüffelei ist „mehr als mutig“

■ CDU-Politiker Gerster will nach den Vobo-Erfahrungen die geplante Wohnungsbefragung des Bauministeriums kippen

Berlin (dpa/taz) - In einem internen Brief an Bundesbauministerin Hasselfeldt hat der CDU-Innenpolitiker Johannes Gerster eindringlich vor den Gefahren der geplanten regelmäßigen Wohnungszählung gewarnt. Nach den Erfahrungen mit der Volkszählungsboykottbewegung 1987 sei es „mehr als mutig“ zu nennen, eine erneute Befragung mit sogar „bedeutend intimeren Befragungstatbeständen“ zu starten, schreibt Gerster an die Ministerin. Schon allein wegen der bevorstehenden Bundestagswahl 1990 könne man sich leicht vorstellen, welch „emotionale Diskussionen“ eine solche detaillierte Befragung auslösen könnte, „die letztlich nur den radikalen Parteien dienen würden“.

Bundesbauministerin Gerda Hasselfeldt (CSU) hält bisher dennoch an ihrem mit dem Innen- und Justizministerium abgesprochenen Gesetzentwurf zu einer detaillierten Wohnungsbefragung fest. Sie begründet dies mit der mangelnden Qualität und Präzision der Volkszählungsdaten.

Bei der alle fünf Jahre anberaumten Befragung sollen ab 1990 270.000 bundesdeutsche Haushalte gezwungen werden, detaillierte Angaben über ihre Wohn- und Einkommensverhältnisse zu machen. Unter Angabe des Namens und Geburtsdatums sollen die Befragten unter anderm über die Form des Zusammenlebens, ihren monatlichen Nettolohn und ihre soziale Stellung Auskunft geben.

CDU-Innenpolitiker Gerster schimpft jetzt in seinem Brief an die Ministerin, es sei für ihn unverständlich, daß ein Jahr nach dem Vorliegen der ersten Volkszählungsergebnisse eine neue Erhebung mit weit intimeren Daten folge, als man bei der Volkszählung jemals in Erwägung gezogen hätte. Gerster forderte, „den Gesetzentwurf nicht weiterzuverfolgen“. Die Volkszählungsdaten müßten als Rahmendaten für die politischen Entscheidungen im Wohnungsbereich ausreichen. „Mehr“, so Gerster, kann und darf von den Bürgern nicht verlangt werden.“

Ve.