: Dialekte im Dünensand
■ Internationales Dialektautoren-Treffen in Friesland
Wie schreibt der Schweizer Lyriker Christian Schmidt -Cadalbert: „Das Besondere an der Mundart ist ihre Nähe zu den Dingen, ihr Drang zum Konkreten. Die in ihr gefaßten Welten sind begehbar. Mundartliteratur kann Partisanenliteratur sein, Literatur der nahen Geschichte gegen die medienverordnete Verblödung durch Denver-Dallas -Schwarzwaldklinik-Schwachsinn, der uns unser Erinnern raubt und uns damit gegenüber der Welt kritiklos macht.“
Schmidt-Cadalbert ist einer von 16 MundartautorInnen, die sich vom 31.8. bis zum 4.September im friesischen Jever und auf der Insel Wangerooge zu „Werkstattgesprächen“ treffen. Die Au
toren gehören dem Internatio
nalen Dialekt Institut (I.D.I) in Wien an, einer Vereinigung von MundartautorInnen, deren jahrzehntelangegrenz- und kulturübergreifende Arbeit dazu beigetragen hat, die Literatur im Dialekt aus ihrem regional begrenzten Bezugs und Verbreitungsfeld zu lösen.
Heute Abend um 20 Uhr im Jeverschen Schloß stellt die Gruppe sich der norddeutschen Öffentlichkeit vor. In seiner Einladung hat der Organisator dieses Arbeitstreffens, der friesische Autor Oswald Andrae, seine KollegInnen gebeten, anläßlich des 1. September in ihrer Textauswahl auf den Kriegsbeginn vor fünfzig
Jahren einzugehen.
Neben Schmidt-Cadalbert und Andrae werden 14 weitere Mund
artautorInnen vertreten sein: Aus Österreich der Kärtner Lyriker Bernhard C.Bünker, der Ötztaler Lyriker und Romancier Hans Haid und der Wiener satirische Lyriker Albert Janetschek; aus Italien der Lyriker und Übersetzer Giovanni Nadiani (Romagnolischer Dialekt); aus der Schweiz der Lyriker, Erzähler und Dramaturg Julian Dillier; aus der Oberpfalz der Erzähler, Dramatiker und Lyriker Harald Grill; der oberbairische Autor satirischer Texte, Josef Wittmann; der fränkische Lyriker und Dramatiker Fitzgerald Kusz und der Hörspiel
und Bühnenautor Wilhelm Staudacher und einige Lyriker, Dramatiker und Erzähler der verschiedenen Dialekte des Niederdeutschen.
Nach der Lesung in Jever zieht die Gruppe sich auf die Insel Wangerooge zurück. In dieser Abgeschiedenheit soll in lockerer Form gearbeitet, gelesen, diskutiert und gegenseitig übersetzt werden.
Am Ende der Klausur, am 3.9. um 11.30 Uhr im Wangerooger Kursaal, wird der Öffentlichkeit noch einmal Einblick in die nunmehr von Wind und Wellen zerzauste Gedankenwelt der 16 AutorInnen gegeben.
Iko Andra
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